Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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formulire ich nun aber, direkt gegen ScHLIEF gewendet, den- 
Gedanken dahin, dass die Verfassung „historisch verstanden wer- 
den will“. Meines Erachtens thut er das lange nicht in dem 
erforderlichen Maasse, theils weil er dem historischen Moment 
grundsätzlich nicht die Bedeutung zuerkennt, die ihm meiner 
Ansicht nach gebührt, zum nicht geringen Theile aber auch, weil 
es ihm an den nöthigen geschichtlichen Kenntnissen gebricht, um 
es thun zu können; sie sind weder weit, noch tief genug, und 
namentlich sind ıhm die geschichtlichen Thatsachen nicht stets 
so gegenwärtig, dass sie für seine verfassungsrechtlichen Aus- 
führungen die richtige und nothwendige Verwerthung finden 
könnten. Die letztere Behauptung, die zunächst allein in’s Auge 
gefasst werden soll, darf ich nicht unterdrücken, weil sie eine 
unerlässliche Vorfrage der zu entscheidenden Hauptfrage bildet, 
und sie aufzustellen, ohne den Beweis für sie zu erbringen, ist 
selbstverständlich unzulässig. 
In dem Buche werden nur selten geschichtliche Ereignisse 
berührt und in der Abhandlung referirt er meist nur nach meiner 
Verfassungsgeschichte. Trotzdem finden sich hier wie dort eine 
Anzahl von Fehlern, die billig überraschen dürfen. Die Bedeutung 
der Sklavenfrage würdigt er vollkommen und doch ist er mit 
ihrer Geschichte nicht so vertraut, dass ihm der richtige Name 
Lloyd Garrison’s gegenwärtig wäre: aus William macht er Henry. 
„In Amerika“, behauptet er (Buch pag. 159), „ist noch nie ein 
Krieg geführt worden, nach dessen Beendigung nicht der „beste 
General“ als Präsident in’s Weisse Haus gewandert wäre.“ Dass 
James Monroe nicht General, geschweige denn der „beste“ war, 
weiss er natürlich, aber er hat eben nicht an den zweiten Krieg 
mit England gedacht. Der Satz: „sehr umfangreiche Länder- 
massen dieser Art fielen nun aber den Vereinigten Staaten zu 
Anfang der dreissiger Jahre nach dem Kriege mit Mexiko 
bezw. der Annexion von Texas zu“ (Abh. p. 72), ist geradezu 
frappirend, da diese Verhältnisse so sehr eingehend in meiner 
Verfassungsgeschichte — und es steht in dem Referat über diese 
— besprochen sind und es sich ja um verfassungsgeschicht- 
liche Fragen von der eminentesten Bedeutung handelt. Man 
müsste einen Druckfehler vermuthen, wenn nicht ausser „dreissiger“
	        
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