Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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werde“. Der wahre Sachverhalt ist jedoch folgender. Die An- 
sicht fand zahlreiche Vertreter, dass die Verfassung nicht ratifizirt 
werden sollte, ehe sie durch eine bill of rights ergänzt worden 
sei, resp. wenn eine solche Ergänzung nicht garantirt werde. 
Das wurde mit dem Argument zurückgewiesen, dass es um so 
weniger gerechtfertigt sein würde, die Ratıfıkation davon abhängig 
zu machen, als eine wirkliche Nothwendigkeit für eine bill of 
rights überhaupt nicht vorliege, weil die Bundesregierung 
ja nur die ihr in der Verfassung verliehenen Befug- 
nisse habe, und mithin ihr durch das Stillschweigen der 
Verfassung bereits vorenthalten sei, was man ihr noch ausdrück- 
lich untersagen wolle. 
Gegen diesen leitenden Grundsatz des geltenden Ver- 
fassungsrechts, dass die Bundesregierung nur die ihr in der Ver- 
fassung verliehenen Befugnisse hat, verstösst SCHLIEF auf Schritt und 
Tritt, sei es nun, dass er ihn übersieht, oder dass er ihm als unverein- 
bar mit den Forderungen der „Wissenschaft“ die Anerkennung 
glaubt versagen zu müssen. Das geltende Verfassungsrecht darzu- 
stellen, ohne ihn beständig gegenwärtig zu haben, ist schlechthin 
unmöglich. Man muss ıhn aber aus dem Auge verloren haben 
oder ihm die Anerkennung versagen, um, wie SCHLIEF es im 
Text seines Buches (p. 133) und ebenso wieder im Anhange 
thut, in der Uebersetzung des Art. I. die Worte „herein granted* 
einfach auszulassen, d. h. statt „Alle hierin verliehenen ge- 
setzgeberischen Befugnisse“ — (es heisst powers) — „Alle 
gesetzgebende Gewalt soll einem Oongresse der Vereinigten 
Staaten zustehen“ zu setzen. Selbst wenn man die Worte für 
überflüssig hält, weil, wenn in der Verfassung von gesetzgeberischen 
Befugnissen gesprochen wird, selbstverständlich nur die in ihr 
verliehenen gemeint sein könnten, ist in einer zwischen Anfüh- 
rungszeichen gesetzten Uebersetzung eines Staatsgrundgesetzes 
eine solche Auslassung offenbar völlig unzulässig. Ist nun aber 
anzunehmen, dass SCHLIEF die Worte ausgelassen habe, weil er 
sie aus dem angegebenen Grunde für überflüssig gehalten ? Das 
scheint mir absolut ausgeschlossen zu sein, da er die folgenden 
Nätze als allgemeingültige Grundsätze aufstellt: Gesetze „dürfen 
gemacht werden über alles, was die Legislative dazu geeignet er- 
19*
	        
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