Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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„nach der übereinstimmenden Ansicht aller Mitglieder der kon- 
stituirenden Konvention zu Philadelphia“, wie SCHLIEF selbst 
schreibt, „sollen sie einander gleich geordnet sein“ und von den 
Gerichten ist ihre Gleichordnung seit jeher und ausnahmslos als 
ein Fundamentalsatz des geltenden Verfassungsrechts anerkannt 
worden. SCHLIEF dagegen deduzirt aus seinen staatsrechtlichen 
Prinzipien nicht nur eine prinzipiell überragende Stellung für 
die Legislative, sondern er lässt sie geradezu die beiden anderen 
Gewalten so zu sagen absorbiren; sie ist ihm der „Träger der 
Souveränetät, und „Legislative“ und „Regierung“ werden wieder- 
holt als einander deckende Begriffe behandelt. Ganz allgemein 
wird der Satz aufgestellt: „Der ‚Chef der Exekutive‘ ist danach 
lediglich ein Generaldelegatar der gesetzgebenden Faktoren; er 
hat nur abgeleitete und keineswegs originäre oder solche Befug- 
nisse, welche denen der eigentlichen Regierungsfactoren coordinirt 
sind“ (p. 48); und unter direkter Bezugnahme auf das Ober- 
gericht der amerikanischen Union wird gesagt (p. 266), „dass die 
richterliche Thätigkeit sich auf eine Delegation von seiten der 
Legislative gründe.“ Ich habe nicht, wie ich mit aufrichtigem 
Bedauern gestehen muss, wie SCHLIEF „die ganze Vorschule eines 
deutschen, beziehungsweise preussischen Juristen durchgemacht“, 
aber wenn ich anders durch meine langjährigen Studien auf dem 
Gebiete des öffentlichen Rechts die Fähigkeit erworben habe, die 
Sprache des Fachmannes zu verstehen, so leitet SCHLIEF mit 
diesen Sätzen aus dem Wesen des Staates für die Legislative die 
Stellung ab, die der französische Konvent der ersten Revolution 
sich anmaasste. Ich kann jedoch kaum glauben, dass er das 
wirklich will und noch weniger wahrscheinlich scheint es mir, dass 
die deutsche „Wissenschaft“ dieser Ansicht beipflichtet. 
Aus dem ersten der angeführten Sätze ergibt sich, nach 
SCHLIEF, „streng genommen, dass die Legislative, wie sie das 
überhaupt als Träger der Souveränetät an sich schon zu thun 
berechtigt wäre, in der Lage sein muss, die Person desjenigen 
zu bestimmen, dem die Executive zufällt“. Die Schwierigkeit, 
die sich dort ergibt, wo „von der Verfassung selbst ohne Weite- 
res vorgeschrieben wird, wem die Executive gebühre“, meint er, 
lasse sich beseitigen, denn „man kann den Prozess, mittels dessen
	        
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