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die fragliche Person ohne Zuthun der Legislative gefunden wird,
dennoch ansehen als beruhend in dem Willen der letzteren, der
nur durch das Grundgesetz anticipirt worden sei.“ Ich muss
gestehen, dass ich in diesem Gedanken nicht die „mathemathisch
scharfen Formeln“ zu erkennen vermag, mit denen, nach ScHLIEF’s
wiederholter Erklärung der Jurist zu operiren hat. Er gibt denn
auch selbst zu, dass diese Auffassung für „zu gekünstelt“ gehal-
ten werden könnte, meint aber, man müsse „doch unbedingt zu-
geben, dass der Legislative höchstens die Möglichkeit benommen
ist, das Subjekt der Exekutive zu bezeichnen, während sie sehr
wohl im Stande bleibt, das Objekt derselben ganz nach eigenem
Ermessen festzustellen. Die Befugnisse der Executive, als der
materielle Inhalt der von dieser auszuübenden Thätigkeit, bleiben
in jedem Falle abgeleitete, und zwar abgeleitet aus dem Willen
der Legislative“. Dem geltenden amerikanischen Verfassungs-
recht entspricht diese Ansicht entschieden nicht und zwar ganz
unabhängig von dem, was als Antheil des Präsidenten an der
gesetzgebenden Gewalt angesehen zu werden pflegt °). Auch hier
ist wiederum entscheidend, dass die Bundesregierung lediglich
verliehene Befugnisse hat. Was von ihr in ihrer Gesammtheit
gilt, gilt selbstverständlich auch von ihren einzelnen Faktoren.
Legislative wie Executive erhalten ihre Befugnisse von der Ver-
fassung. Dass durch die Gesetzgebung zu bestimmen ist, in
welcher Weise die Exekutive ihre verfassungsmässigen Befugnisse
auszuüben habe, ändert daran nichts. Die Legislative bestimmt
eben nur das Wie, das Was aber ist von der Verfassung
festgesetzt.
Das Gleiche gilt auch von der richterlichen Gewalt. Wohl
ist das einzige Gericht, das seine Existenz unmittelbar aus
der Verfassung herleitet, das Obergericht, dessen Originaljuris-
diktion auch direkt von der Verfassung bestimmt wird, aber die
Verfassung ist der alleinige Quell der ganzen Justizhoheit der
Union; sie setzt ihren Umfang fest und sie gibt dem Kongress
auf, weitere Gerichte zu ihrer Ausübung einzusetzen. Die Legis-
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8) Siehe meine Ansicht darüber, wie bei richtiger Interpretation der
Verfassung das sog. Veto des Präsidenten aufzufassen ist, „Staatsrecht“ p. 62.