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Richtigere“; und er schliesst endlich (p. 273) seine langen Aus-
führungen mit dem Satz: „Die übrigen Gerichte der Vereinigten
Staaten sind dagegen streng an die Befolgung jedes Congress-
actes gebunden, also höchstens befugt, ein Gesetz darauf
hin zu prüfen, ob es die nach der Verfassung erforder-
liche Zustimmungaller betreffenden Faktoren erhalten
hat“ — also lediglich auf ihre formale Verfassungsmässigkeit.
Dass ich nicht nur annehmen durfte, sondern annehmen musste,
SCHLIEF wisse nicht, wie die Thatsachen liegen, wird mithin
wohl kaum bestritten werden können.
In der Abhandlung (p. 90) erscheinen diese Sätze, was das
Thatsächliche anlangt, dahin modifizirt: „immerhin gilt unstreitig
nach allgemeiner Auffassung ein Zweifel an der Verfassungs-
mässigkeit eines Gesetzes in materieller Hinsicht erst für be-
gründet, wenn das OÖbergericht die bezügliche Frage entschieden
hat.* Ob das richtig ist oder nicht, hängt davon ab, was dar-
unter verstanden werden soll. Es waltet einfach das in der
Natur eines Gerichtswesens mit Instanzenzug gegebene Verhältniss
ob. Das Oberbundesgericht ist eben die höchste Instanz, und so
lange diese ‘nicht gesprochen hat, kann selbstverständlich der
Spruch der unteren Instanzen umgestossen werden. So lange das
nicht geschehen ist, hat aber ebenso selbstverständlich dieser Spruch
Rechtskraft. Scharf im Auge zu behalten ist dabei jedoch Fol-
gendes: „Zunächst muss die Kontroverse die (sestalt eines kon-
kreten Rechtsstreites angenommen haben, um überhaupt vor die
Gerichte zu kommen, und ist sie in dieser Form vor sie gebracht,
so sitzen sie doch nie direkt über die Verfassungsmässigkeit von
Gesetzen oder sonstigen Regierungshandlungen zu Gericht, son-
dern entscheiden über dieselbe gegebenen Falles nur mittelbar
durch Motivirung des Urtheils in dem konkreten Rechtsstreit.
Eigentlich entschieden wird immer nur der Fall und absolut
verbindlich für alle Einzelnen und alle staatlichen Gewalten ist
darum auch immer nur das Urtheil über den Fall. Da aber an-
zunehmen ist, dass in allen analogen Fällen die gleiche Ent-
scheidung gefällt werden würde, hat die Motivirung des Ur-
theils mit der Verfassungsmässigkeit oder Verfassungswidrigkeit
eines Gesetzes in der Regel auch die Wirkung einer wirklichen