und Rechtsprechung in der Kolonie durch unmittelbar vom Kaiser
oder seiner Regierung bestellte Beamte oder durch Organe einer
Gesellschaft ausgeübt werden, der ein kaiserlicher Schutzbrief er-
theilt ist.
Kronschutzgebiete sind gegenwärtig das südwestafrikanische
Schutzgebiet, Kamerun und Togo, Gesellschaftsschutzgebiete Ost-
afrika und Kaiser-Wilhelms-Land mit dem Bismarck-Archipel,
während für das Schutzgebiet von Witu und die Marschallsinseln
eine Verwaltungsorganisation noch nicht geschaffen ist. Wahr-
scheinlich wird Witu mit dem es rings umschliessenden Schutz-
gebiete von Ostafrika verschmolzen werden.
In den Kronschutzgebieten steht an der Spitze der Verwal-
tung als Vertreter des Kaisers ein kaiserlicher Kommissar, in
Kamerun mit dem Titel Gouverneur und Oberkommissar. Das
Gehalt des letzteren beträgt 30,000 Mk., das der beiden anderen
Kommissare je 12,000 Mk. Dem Gouverneur von Kamerun ist
zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ein Kanzler untergeordnet (mit
12,000 Mk. Gehalt) ; die Bureaugeschäfte erledigt in jedem Schutz-
gebiete ein Sekretär (mit 6000 Mk. Gehalt). Ausserdem sind die
erforderlichen Unterbeamten bestellt. Die Kommissare haben die
gesammte Kolonialverwaltung, die von Südwestafrika und Togo
auch die Rechtsprechung in ihrem Gebiete zu handhaben.
Nach dem Vorbilde der meisten englischen Kronkolonien ?°)
Kolonien, wenn sie von geringerem Umfange sind und zu ihrer Ausnützung
nur einen unbedeutenden Kapitalsaufwand bedürfen, noch entstehen. Die
heutigen englischen Kolonien sind mit ganz unbedeutenden Ausnahmen, wie
z. B. Nord-Borneo, welches von einer Gesellschaft verwaltet wird, Kronkolo-
nien im älteren Sinne. Nach der Verfassung der Kolonien unterscheidet
man jedoch jetzt Kronkolonien, die keine koloniale Volksvertretung besitzen,
sondern von der Krone unumschränkt, jedoch nach Massgabe der Gesetze
des Reichsparlaments regiert werden, „colonies possessing representative
institutions“, d. h. Kolonien mit Repräsentativverfassung, und „colonies
possessing representative institutions and responsible government“, d. h. Ko-
lonien mit Repräsentativerfassung, nach der eine Verantwortlichkeit der
Kolonialregierung gegenüber dem Kolonialparlament, insbesondere die Noth-
wendigkeit eines Ministerwechsels bei Meinungsverschiedenheiten des Mini-
steriums und des Parlaments der Kolonie, anerkannt ist. Vgl. G. C. Lewis,
On the government of dependencies. London 1841.
2°) Für das in den englischen Kronkolonien dem Gouverneur zuge-
ordnete Concil ist die Verfassung des Mutterlandes, insbesondere dessen
Privy Council, von massgebendem Einflusse gewesen. Derartige Rücksichten