Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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sie namentlich von H. ScHuLzE und LaBAanD formulirt worden sind, wenn 
auch hier im Einzelnen manche feinere Nuancen der herrschenden Ansichten 
hervortreten. Bemerkenswerth ist es, dass der Verfasser den Landtag als 
„Staatsorgan unter dem Herrscher“ auffasst, während er doch principiell den 
Begriff der Staatspersönlichkeit und damit den des Staatsorgans verwirft. 
Die Formen der Thätigkeit des Landtages zur Wahrnehmung seiner politischen 
Rechte reducirt er, theilweise im Anschluss an LABAND, auf vier Kategorien: 
Mitwirkung, Genehmigung, Kenntnissnahme und Ueberweisung. Das Infor- 
mations- und Petitionsrecht des Landtages werden für formelle Rechte 
desselben im juristischen Sinne erklärt. Im Gegensatze zu LABanD wird 
auch dem Interpellationsrecht der Kammermitglieder ein juristischer Charakter 
zugeschrieben. 
Die Darstellung des Parlamentsrechts füllt die erste Hälfte des Bandes, 
in der eingehendsten Weise die vielen Detailfragen erörternd, welche sich 
aus den Bestimmungen über Mitgliedschaft an den Kammern, die collegialen 
Befugnisse und die Geschäftsordnnng derselben ergeben. 
Nach kurzen Bemerkungen über den Reichstag wendet sich der Ver- 
fasser der Lehre von den Staatsbehörden zu. In dem einleitenden Kapitel 
wird das Wesen des ÖOrganisationsrechts untersucht. Die Schaffung von 
Behörden fällt nach ihm prinzipiell nicht in das Gebiet materieller Gesetz- 
gebung, kann jedoch durch die concrete Gestaltung der Verhältnisse in 
grösserem oder geringerem Umfang der formellen Gesetzgebung überwiesen 
sein. Das Richtige ist wohl, dass die Schaffung der Behörde selbst niemals, 
die Zuertheilung einer Competenz an dieselbe gegenüber den Unterthanen 
stets ein materielles Gesetz ist. Damit ist ein fester Boden für die prinzipielle 
Abgrenzung von freier und gesetzlich gebundener Thätigkeit der Regierung 
auf diesem Gebiete gegeben, während die concrete Grenze allerdings durch 
die positive Gesetzgebung und das Budgetrecht der Volksvertretung ge- 
staltet ist. 
In dem Folgenden wird zunächst die Institution des Staatsrathes und 
sodann die Stellung der Minister und des Staatsministeriums Gegenstand der 
Darstellung. Die einleitenden Bemerkungen über die Minister in der con- 
stitutionellen Monarchie gehören zu dem Klarsten und Besten, was über 
dieses vielerörterte Problem geschrieben worden ist. In der bekannten 
Streitfrage, ob die Ministerverantwortlichkeit eine disciplinäre oder straf- 
rechtliche sei, nimmt er eine vermittelnde Stellung ein, indem er beide Auf- 
fassungen für abstract möglich, und im concreten Falle durch die Natur des 
jeweiligen positiven Rechts zu verwirklichend ansieht. Für das bayerische 
Recht sei der disciplinarrechtliche Gesichtspunkt ausschliesslich massgebend. 
Auch die Kapitel über die Justiz- und Verwaltungsbehörden bieten 
dem Verfasser vielfach Gelegenheit zu Erörterungen von allgemeinem Inter- 
esse. Namentlich seien die Bemerkungen über das Wesen der Verwaltungs- 
organisation, die einzelnen Elemente der Verwaltung, die Verwaltungsrechts- 
pflege und die Competenzconflicte hervorgehoben. Die Ausführungen über 
die beiden letzten Punkte zählen ihrem ganzen Umfange nach zu dem 
Besten, was über diese noch lange nicht genugsam geklärten Partien des 
öffentlichen Rechtes gesagt worden ist. 
Man wird den zweiten Band des SeypeL’schen Werkes nicht aus 
der Hand legen, ohne mit den lebhaftesten Erwartungen der Fortsetzung
	        
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