— 345 —
dungspraxis werden wir allerdings nirgends, trotz der vom Verfasser auf-
gewendeten Sorgfalt, der um vieles tiefer greifenden Quellenarbeiten von
PoupraA und PIERRE entrathen können. Die gesammte Provincial- und
Communalorganisation, die Zuständigkeit und Abstufung der verschiedenen
Aemter, die innere Einrichtung der einzelnen Stellen, deren Vertheilung über
das ganze Staatsgebiet, die Organe der Verwaltungsrechtspflege in ihrer
amtlichen Gliederung zeigt uns SIMoXET mit leicht anfechtbarer Systematik,
theils innerhalb des eigentlichen droit politique et constitutionnel (Titre VI),
theils im eigentlichen droit administratif, welches die volle Sachkenntniss
des Autors bezeugt. Die Arbeit besticht hier durch grosse Uebersichtlichkeit
und Ausführlichkeit, ohne dass die Darstellung sich in Ueberflüssigkeiten
verlöre oder schwerfällig würde. Dabei ist zu betonen, dass nicht etwa nur
das Formelle und die mehr zufälligen äusseren Bestimmungen erörtert sind,
sondern auch die allgemeinen Grundsätze über Verwaltung überhaupt, über
deren Hauptzweige, Selbstverwaltung, Communalwirksamkeit engerer und
weiterer Verbände, das Verhältniss der verschiedenen Behörden zu einander
wird so erörtert, wie das positive französische Recht alle diese Fragen auf-
fasst und entscheidet.
Es ist namentlich für die Fälle und Bedürfnisse der Praxis eine wahre
Fundgrube von Thatsachen und Praejudicien, und auch die rechtsgeschicht-
lichen Abrisse über die Entwickelung der einzelnen Einrichtungen vor und
nach der Revolution sind lehrreich ohne Pedanterie, orientirend durch die
Berücksichtigung des Wesentlichen. Wir würden an dieser Stelle nicht
zögern an vielen Punkten dieser Arbeit den Vorzug vor der erstgenannten
zu geben, wüssten wir nicht, dass beide doch wesentlich verschiedenen
Zwecken zu dienen berufen sind, und diese daher nur auf methodologisch
verschiedenen Wegen erreichen konnten.
Im Anschlusse an die beiden vorstehenden, der französischen Literatur
angehörigen Werke sei hier endlich auch einer in deutscher Sprache erschie-
nenen Arbeit gedacht, welche das seit langem fühlbar gewordene Fehlen
eines deutschen Lehrbuches des Staatsrechts Frankreichs in überaus
zufriedenstellender Weise aufhebt. Innerhalb des gross angelegten und mit
rühmlicher Energie durchgeführten MARQUARDsEN schen Werkes wird hier
der Gesetzesstoff des neuen französischen Öffentlichen Rechts zum ersten Male
in einer Systematik untergebracht, die der Erkenntniss und Beherrschung jenes
Stoffes nur förderlich ist. Dank dem Umstande, dass die einschlägigen
Werke französischer Fachgenossen bei ihrer Verbreitung in Deutschland auf
sprachliche Hindernisse so gut wie nirgends stossen, wir daher bei Verwer-
thung der Arbeiten der Rossı, VuUATRmN, BATBIE, Ducroca, LAFERRIERE etc.
nicht erst warten müssen, bis diese auf dem Wege umständlicher Ueber-
setzungen unserem wissenschaftlichen Apparate einverleibt wurden, — hat
sich seıt langem keine geeignete Hand zu einer umfassenden Bearbeitung des
Staatsrechts der benachbarten grossen Culturnation bereit gefunden. Und
doch zeigt gerade das vorliegende, offenbar aus einer Verbindung franzö-
sischer und deutscher Gestaltungskraft hervorgegangene Werk, dass es der
Geist ist, der sich den Körper schafft, dass derselbe Stoff in verschiedenen
Händen zu grundverschiedenen Gebilden werden kann. Die Arbeit Lesons,
wie sie innerhalb des im Ganzen bewährten Grundrisses der Monographien
des Handbuches vorliegt, ist in der That ein gutes, klares Werk über das