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Gotthardunternehmung, dem Referendum unterliegen. Die Gegner
desselben beriefen sich dabei stets darauf, dass bei den Discussionen,
welche zu der Herstellung der betreffenden Verfassungsartikel
führten, ein sogenanntes „Finanzreferendum“, wie es einzelne Oan-
tone ausdrücklich besitzen, wornach also alle Ausgaben von einem
grösseren Betrage der Volksabstimmung unterliegen, abgelehnt
worden sei. Diese Ansicht drang jedoch bei Anlass der grossen
Debatte über die Gotthardsubvention im August 1878 nicht
durch und es ist demnach anzunehmen, dass solche Beschlüsse
dringlich erklärt werden müssten, wenn man sie unter allen Um-
ständen dem Referendum entziehen will). Dagegen wird das
gesammte jährliche Budget der Eidgenossenschaft, das auch ein
Bundesbeschluss und sicherlich allgemein verbindlich und von
einer „port&e generale“ ist, auch ohne Dringlichkeitserklärung
dennoch nicht dem Referendum unterstellt”), während umgekehrt
im Jahre 1884 gegen die Anstellung eines Eidg. Justizsecretärs
für Gesetzgebung und gegen den Beschluss der Gesandtschaft in
Washington Kanzleikosten zu vergüten das Referendum ergriffen
und mit verwerfendem Resultate durchgeführt worden ist.
Von der Dringlichkeitserklärung, welche der Bundes-
versammlung zweifellos in jedem Falle zu Gebote steht, wo es
66) Dieses „Finanzreferendum“, das in der Eidgenossenschaft nicht be-
stehen soll, spukt in den Discussionen der Eidgenössischen Räthe von Zeit
zu Zeit immer neu, wesentlich desshalb, weil viele Cantone eine solche
besondere Bestimmung haben, wonach grössere Finanzdecrete dem Volke
zur Abstimmung obligatorisch vorzulegen sind. Das existirt unzweifel-
haft im Eidgenössischen Staatsrecht nicht und wurde auch nicht gewollt.
Dagegen unterliegt jeder allgemein verbindliche Beschluss, der nicht dring-
lich erklärt wird, dem eidgenössischen, facultativ ausgeübten, Referendum.
7) Auf diese Weise werden nun die Gränzbefestigungen der Eid-
genossenschaft mittelst jährlicher Budgetposten ausgeführt, während ein allge-
meiner Beschluss, Festungswerke zu errichten, ja selbst ein specieller Beschluss
solche an einem bestimmten Punkte auszuführen, ohne die Dringlichkeit, die
man vielleicht in einem solchen Falle lieber nicht ausspricht, dem Referendum
unterläge. Die Cantone haben gewöhnlich über dieses sogenannte „Finanz-
referendum“, das viel Verwirrung anrichtetundein ganz überflüssiger
Begriff ist, besondere Bestimmungen, einzelne nehmen das ordentliche Budget
ausdrücklich davon aus, (vgl. pag. 253) meistens aber wird dies für selbst-
verständlich angesehen,