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fehlt, oder unrichtig ist, werden die betreffenden Unterschriften
ungültig 7°).
Trotz dieser Vorsichtsmassregeln lässt die Handhabung dieser
Unterschriftensammlung bisher noch zu wünschen übrig, und es
müssen bei jedem solchen Anlasse mitunter grössere Partieen von
Unterschriften von dem Bundesrath aus irgend einem Grunde
als ungültig gestrichen werden. Namentlich ist schon mit Recht
darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Anerkennung und
Beglaubigung blosser Kreuze, oder sonstiger Handzeichen, etwas
Bedenkliches an sich trage, doch schliesst die Verfassung eben
Analphabeten vom Stimmrecht nicht aus und musste daher der
Bundesrath eine solche Beschränkung, auch wo sie in den Can-
tonen versucht wurde, aufheben ?°). Ebenso anstössig und dennoch
schwer zu beseitigen ist die Praxis, dass sich Parteicomites zur
Aufgabe machen, auf die Ausfüllung solcher Unterschriftenbogen
mit allen Agitationsmitteln hinzuwirken, ja sogar dieselben durch
hiefür bezahlte Agenten förmlich colportiren zu lassen °°).
78) Das Stimmrecht und die Echtheit der Unterschrift ist ohne jeden Zu-
satz zu beglaubigen, wie etwa „soweit dem Amte bekannt“ und dergl. Dagegen
ist es nicht absolut nothwendig, dass die Unterschrift vor den Augen des sie be-
glaubigenden Beamten geschehen sei, wenn er im Falle ist, sie unbedingt zu legali-
siren. Einzelne cantonale Referendumsvorschriften lauten dagegen stringenter.
Nach dem neuesten (Tessiner) Verfassungsdecret über das facultative Refe-
rendum daselbst müssen die Unterschriften „persönlich und eigenhändig“
auf dem Bureau des Municipalraths der Gemeinde abgegeben werden, wo die
Unterzeichner ihren politischen Wohnsitz haben. (Art. 7.)
7%) Es geschah dies namentlich bei einem Referendumsbegehren im
Canton Tessin gegen die Tessincorrection vom Jahre 1885, als die Tessiner
Regierung 642 solcher Kreuze als ungültig erklären wollte. Der Bundesrath
hob diese Verfügung auf, weil das tessinische Verfassungsdecret vom 10. Fe-
bruar 1883 über das Referendum eine solche Beschränkung nicht enthält. Aehn-
lich in einem diessjährigen Falle (Recurs gegen das tessinische Kirchengesetz).
Auch die Frage wurde schon aufgeworfen, ob Unterschriften, die blos mit Blei-
stift gemacht seien, als giltig angesehen werden können und im bejahenden
Sinne entschieden. Vgl. Bundesblatt 1879.
8) Dieselben sollen mitunter ihre Entschädigung in der Weise erhalten,
dass ihnen für jede Unterschrift, die sie beibringen, ein bestimmter Betrag
ausbezahlt wird. Es wurde sogar schon vorgeschlagen, ständige Referendums-
Organisationen zu bilden, die ein für alle Mal in jeder Gemeinde ihre be-
stimmtne Agenten besteilen, welche für die Beibringung der nöthigen Zahl
Unterschriften zu sorgen haben. Andere Stimmen wollten die Ergreifung