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Bei Anlass einer Sammlung von Unterschriften gegen einen
Bundesbeschluss über Anstellung eines Secretärs des Departements
des Innern für Schulaufsicht, welcher grosse Besorgnisse in
conservativen und klericalen Kreisen hervorgerufen hatte und so-
dann auch wirklich bei der Volksabstimmung unterlag, wurde im
Schosse der Bundesversammlung selbst ein Antrag eingebracht, wor-
nach die Referendumsunterschriften gewissermaassen geheim gehal-
ten werden, d.h. lediglich den competenten Behörden zur Prüfung
und Oontrole vorgelegt, dem Publikum hingegen verschlossen
werden sollten. Man wollte damit den Uebelstand beseitigen, der
damals gerade besonders stark hervorgetreten war, dass aller-
dings öfter solche Unterzeichner wegen ihrer Betheiligung in öffent-
lichen Blättern angegriffen und zur Rede gestellt werden. Dennoch
lässt sich ein solches Amtsgeheimniss der Unterschriften weder
aus den gesetzlichen Bestimmungen herauslesen, noch einigermaassen
praktisch durchführen, sondern es gehört eine solche Unterschriften-
sammlung ihrer Natur nach zu den Öffentlichen Angelegenheiten,
die der OControle durch die öffentliche Meinung und durch die
Presse nicht künstlich entzogen werden können.
Ueber alle diese Punkte wird möglicherweise ein im Werke
befindliches Gesetz über Eidgenössische Wahlen und Abstim-
mungen, dessen Botschaft (vom 30. October 1883) schon längere
Zeit vorliegt, nähere, oder neue Bestimmungen enthalten.
Die Ergreifung des Referendums auf dem Wege der Eingabe
von acht Cantonen hat sich als eine ganz unpraktische, wenn
auch unschädliche, Bestimmung erwiesen und ist seit 1874 noch
niemals versucht worden. Denn natürlich müsste ein solcher
Beschluss von der gesetzgebenden Behörde jedes dieser Uan-
tone ausgehen und würde heute in den meisten derselben
dem cantonalen Referendum obligatorisch oder facultativ unter-
liegen (worauf Art. 6 des Eidgenössischen Referendumsgesetzes
sogar ausdrücklich aufmerksam macht), so dass es viel leichter
des Referendums in der Weise erleichtern, dass auf Begehren blos weniger,
möglicherweise sogar nur Eines Bürgers die Staatsbehörden verpflichtet sein
sollten, dessen Anträge ex officio und auf Staatskosten zu verbreiten und
überhaupt die mitunter nicht unbedeutenden Kosten einer solchen Referendums-
campagne, die jetzt aus Parteimitteln beschafft werden, zu tragen.