Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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würde. Selbst der Telegraph, der zwar sehr fleissig in diesem 
Sinne benutzt wird, ermöglicht es nicht vollständig, diesen gegen- 
seitigen Einfluss auszuüben, und es würde nur zweckmässig sein, 
denselben noch mehr zu verhindern, indem die Nachrichten erst 
nach Schluss einer bestimmten, übereinstimmend festgesetzten, Ab- 
stimmungszeit expedirt werden dürften ®°). Ueber solche bestimmte 
Stunden, auf welche die Abstimmung beschränkt ist, bestehen 
dermalen keine allgemein geltenden Eidgenössischen Vorschriften, 
sondern die Anordnung der Abstimmung ist im Ganzen Sache 
der Oantone, die dann lediglich, dem Gesetze zufolge, deren Re- 
sultate innert 10 Tagen einzuberichten hätten. Gewöhnlich aber 
verlangt jetzt die Bundesregierung vorherige, telegraphische Be- 
richterstattung. Ueber die Stimmberechtigung der Votanten 
besteht merkwürdigerweise bis zur Stunde (nach 13 Jahren) 
noch kein neues, dem Referendum angepasstes und sonst zweck- 
entsprechendes Eidgenössisches Gesetz. Ein solches ist schon 
längst in Arbeit begriffen, hat aber niemals auch nur in den Eid- 
genössischen Räthen zu einem Abschluss und einer Annahme ge- 
langen können °*). Allgemein ist nur, dass zur Stimmgebung das 
Schweizer Bürgerrecht (das bekanntlich auf einem Cantons- und 
Gemeindebürgerrecht ruht und ohne diese Voraussetzungen nicht 
denkbar ist) und das erfüllte 20. Altersjahr, als selbstverständlich 
auch das männliche Geschlecht gehört ®), im Uebrigen richtet 
  
  
88) Gegenwärtig herrscht bei wichtigen Eidgenössischen Referendums- 
Abstimmungen eine übertriebene Sucht, die Abstimmungs-Resultate möglichst 
früh zu erfahren. An grösseren Orten werden aus Parteimitteln Locale offen 
gehalten und telegraphische Correspondenzen aus der ganzen Schweiz her 
dahin beschafft, die den ganzen Tag hindurch, successive nach ihrem Anlangen, 
als Parteisiege mit Jubel begrüsst, oder umgekehrt mit Entrüstung und ab- 
fälligen Bemerkungen aufgenommen werden. Ob eine solche Einrichtung, 
welche doch höchstens einem gewissen Aufregungsbedürfniss entspricht und 
dabei die Parteileidenschaften schürt, vom Guten sei, mag der Leser beur- 
theilen. 
4) Eine Hauptschwierigkeit bildet das Verhältniss der Falliten, welche 
nach der französischen Rechtsanschauung viel milder behandelt und zur 
Stimmgebung, mit geringen Cautelen, zugelassen werden wollen, während in 
der deutschen Schweiz eine andere Ansicht vorherrscht. Vgl. hierüber 
„Politisches Jahrbuch der Eidgenossenschaft 1886“, pag. 568. 
85) Das Frauenstimmrecht hat bei uns noch keinen Anklang gefunden;
	        
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