Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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maligen Erscheinen, vor diese „Volkskritik© gezogen und die 
beiden Erstgenannten zwei Male abgelehnt. Ein Gesetz über 
gemeingefährliche Epidemien, das jetzt eben unbeanstandet die 
Referendumsfrist passirt hat, fiel aus dem ganz ungenügenden 
äusserlichen Grunde einer zufällig in einem Canton bestehenden 
Agitation gegen die Blatternimpfung, und mit ihm fiel eine auf 
den gleichen Tag zur Abstimmung angesetzte Partialrevision der 
Bundesverfassung zu Gunsten der Erfindungspatente, die ohne 
diese Gleichzeitigkeit der Vorlage vielleicht Annahme gefunden 
hätte. In Einem Falle im Jahre 1884 wurden auf Grund der 
Agitation eines eidgenössischen Vereins, der damit der Bundes- 
versammlung ein Misstrauensvotum ertheilen wollte, 4 Vorlagen 
zum Theil wenig bedeutenden Inhalts (Abänderung des Bundes- 
strafrechts betreffend politische Vergehen, Kanzleikosten der Ge- 
sandtschaft in Washington, Gesetz über Patentgebühren der 
Handelsreisenden, Reorganisation des Eidgenössischen Justizdepar- 
tements) auf einmal verworfen und es schien damals eine Zeit 
lang eine solche eigentliche „Verwerfungsstimmung“ eintreten zu 
zu wollen, welche jedoch nicht von Dauer gewesen ist. In allen 
Fällen, in welchen bisher der gleiche verworfene Gegenstand neuer- 
dings, mit Benutzung einiger Resultate der sich zeigenden Volks- 
stimmung, zur gesetzlichen Vorlage gebracht worden ist, hat er bei 
der zweiten, Einmal allerdings erst bei der dritten Vorlage (Militär- 
steuergesetz) den Sieg über die Opposition davongetragen. Im 
Allgemeinen sind daher die Resultate für „Lehrjahre“, die noth- 
wendig bei allen politischen Einrichtungen durchzumachen sind, 
nicht entmuthigend. Dagegen ist es allgemeine Ansicht, auch 
der Behörden, dass der jetzige Verfassungsartikel 89 einer prä- 
ziseren und rationelleren Fassung bedürfe, ohne zwar das System 
des facultativen Referendums für die Eidgenossenschaft zu ver- 
lassen und es sind dem Eidgenössischen Justizdepartement auch 
bereits Aufträge in diesem Sinne ertheilt worden. Eine Beseiti- 
gung des Referendums tentirt dermalen keine bestehende Partei 
in der Eidgenossenschaft, obwohl dasselbe zahlreiche stille Gegner, 
namentlich unter den gebildeten und vorzugsweise politisch lıbe- 
ralen (nicht radicalen) Classen besitzt, welche stets geneigt sind 
jede Mücke eines Misserfolges dieser Institution zu seihen, wäh-
	        
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