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antiquirten Einrichtung haben wir schon oben (pag. 209) an-
geführt. Sie ist mit allen Erfordernissen eines Agitations-
treten 45 Tage nach ihrer Erlassung (Promulgation) in Kraft, sofern nicht
binnen dieser Frist die Anerkennung verweigert wird.
Art. 137. Sobald 50 Bürger einer politischen Gemeinde es verlangen, muss
eine Gemeindeversammlung abgehalten werden, um in solcher zu berathen, ob
gegen das erlassene Gesetz Einwendung gemacht werden wolle oder nicht.
Art. 138. Beschliesst die Mehrheit der Versammlung, keine Einwen-
dung zu machen, so ist das Gesetz als von der Gemeinde anerkannt anzu-
sehen. Geht hingegen der Beschluss dahin, dass Einwendung gemacht werden
solle, so macht der Gemeindeammann mittelst Protocollauszug dem Bezirks-
ammann und dieser dem Kleinen Rathe hiervon unverweilt Anzeige.
Art. 139. In diesem Protocollauszug muss sowohl die Anzahl der
stimmfähigen Bürger angegeben sein, welche gegen Anerkennung des Gesetzes
als die Anzahl derjenigen, welche für Anerkennung gestimmt haben. Die
bei der Gemeindeversammlung nicht erschienenen stimmfähigen Bürger
werden zu den das erlassene Gesetz Anerkennenden gezählt.
Art. 141. DBeläuft sich die Zahl Derjenigen, welche gegen das Gesetz
gestimmt haben, auf eine Stimme über die Hälfte aller stimmberechtigten
Bürger des Cantons, so fällt das Gesetz“.
Die Verfassung von 1861 behielt das Veto bei, mit der Veränderung
jedoch, dass, wenn innert der Vetofrist von 45 Tagen wenigstens 10,000
Bürger das Gesetz verworfen haben, dann noch binnen weiteren 21 Tagen
die gemeindeweise Abstimmung auch in den übrigen Gemeinden erfolgen
muss. Es war dies bereits ein Mittelding zwischen dem früheren reinen
Veto und dem facultativen Referendum mit einer allgemeinen Abstimmung.
Die jetzige Verfassungsbestimmung von 1875 enthält nur noch
das facultative Referendum mit einer ganz kleinen, diesen geschichtlichen
Traditionen entsprechenden Modification.
Art. 108. Alle Gesetze, sowie diejenigen allgemeinen verbindlichen
Beschlüsse des Grossen Rathes, die nicht dringlicher Natur sind, sollen dem
Volke zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden, wenn dies dreissig
Tage nach der Bekanntmachung des Gesetzes oder Beschlusses von sechs-
tausend stimmfähigen Bürgern durch schriftliches oder mündliches Begehren
beim zuständigen Gemeindamte oder durch Abzählung an einer Bürger-
versammlung verlangt wird.
In diesem Falle soll nach Ablauf einer weiteren Frist von dreissig
Tagen innert den nächstfolgenden fünfzehn Tagen die Abstimmung über die
betreffende Vorlage an einem und demselben Tage in obligatorischen Bürger-
versammlungen der politischen Gemeinden stattfinden. Die näheren Bestim-
mungen über das hiebei zu beobachtende Verfahren trifft die Gesetzgebung,
Archiv für öffentliches Recht. II. 9. 98