Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

83 0 — 
Eine Abänderung des Landesrechts kann auch nur nach Mass- 
gabe dieses Gesetzes, also durch die Reichsgesetzgebung erfolgen. 
Uebertragen ist den Gesellschaften nur die vollziehende Ge- 
walt, ausgenommen auf dem Gebiete des Auswärtigen, also die 
innere Verwaltung in ihrem weitesten Umfange einschliesslich 
der Rechtsprechung unter Oberaufsicht der kaiserlichen Regierung. 
Die Gesellschaften sind also lediglich die Organe des Reiches für 
die innere Landesverwaltung, die ihre Rechte wieder auf andere 
Organe übertragen können. Es ist ihnen nicht die Ausübung 
einzelner Hoheitsrechte, sondern der gesammten inneren Landes- 
verwaltung verliehen worden. 
Dem modernen Staatsrechte ist eine solche Stellung einzelner 
Korporationen ziemlich fremd geworden, indem die volkswirth- 
schaftliche Entwicklung mehr und mehr zur Vereinigung aller 
Hoheitsrechte in der Hand des Staates und zur Ausübung der- 
selben durch einzelne, dem Staate unmittelbar verantwortliche 
Beamte gedrängt hat. Wir brauchen aber nur in unsere eigene 
geschichtliche Vergangenheit etwas zurückzugreifen, um Ana- 
logien für die staatsrechtliche Stellung der Kolonialgesellschaften 
in Menge zu finden. Die deutschen Städte des Mittelalters, ja 
in gewissem Sinne bis Ende des 18. Jahrhunderts waren auch 
nur korporative Vereinigungen, denen die Ausübung der landes- 
hoheitlichen Rechte für ıhr Gebiet übertragen war. Die Stellung 
der Klöster und geistlichen Stifter war eine ähnliche. Vor allem 
ist eine der grossartigsten Leistungen auf dem Gebiete der Koloni- 
sation im Mittelalter, die Eroberung und Germanisirung Preussens, 
durch eine Genossenschaft erfolgt, die, wenn man von dem geist- 
lichen Momente absieht, den modernen Kolonisationsgesellschaften 
oft bis auf die kleinsten Züge gleicht. 
In den Schutzgebieten haben die unentwickelten volkswirth- 
schaftlichen Verhältnisse entsprechende Bildungen hervorgebracht. 
Die Kolonialgesellschaften haben wie einst jene mittelalterlichen 
Korporationen die innere Verwaltung ihres Gebietes zu führen. 
Die Unterscheidung, die in den beiden Schutzbriefen‘ zwischen 
den der ostafrikanischen Gesellschaft verliehenen Regierungs- 
rechten und denen der Neu-Guinea-Kompanie gemacht wird, ist 
nur eine scheinbare. Denn durch die Verträge mit den ein- 
geborenen Herrschern, auf welche in dem Schutzbriefe der ost- 
afrikanischen Gesellschaft Bezug genommen wird, hat diese nicht
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.