Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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Die theoretische Begründung aller dieser sogenannten 
„Volksrechte*, welche zu verschiedenen Zeiten, schon 1831 in 
hat, welche in der Bibliotheque universelle von Lausanne erschienen sind. 
Wir machen auch einen und zwar einen noch weitergehenden Unterschied 
zwischen den Volksrechten der Cantone und denjenigen des Bundes. Für den 
Bund, insofern er ernstlich ein Föderativstaat bleiben will, passt von allen 
diesen Rechten bloss das facultative Referendum, mit einer etwas grösseren 
Anzahl von Petenten als 30,000. Jede andere Einrichtung, namentlich das 
obligatorische Referendum oder die Initiative, führt zum Einheitsstaat. Noch 
gefährlicher für das Föderativsystem würden diese Einrichtungen werden bei 
dem dermaligen Zug zur Behandlung sozialer Fragen; der Staatssozialismus 
führt ganz nothwendig zur Staats-Einheit, es ist nur wunderbar, dass das noch 
nicht allgemeiner erkannt wird und es mitunter gerade die Föderalisten sind, 
welche solche Modificationen verlangen. Im Einzelnen sind schon folgende 
mehr oder weniger erhebliche Verbesserungsvorschläge gemacht worden. 
1) Das facultative Referendum soll auf Staatsverträge ausdrücklich 
ausgedehnt werden. (Motion ZEmP und Genossen 1885.) 
2) Jedes Bundesgesetz hat sich auf wenige grundsätzliche, die Haupt- 
gesichtspunkte feststellende, Bestimmungen zu beschränken und 
unterliegt in dieser Form der Volksabstimmung. Bejaht diese die 
Vorlage, so erfolgt die nähere Ausführung derselben auf dem Wege 
des Bundesbeschlusses. (Antrag VögELı 1885.) 
3) Vorschläge der Presse: Die Referendumsbegehren sind zu unter- 
zeichnen, Handzeichen werden nicht zugelassen. (Also Ausschluss 
der Analphabeten.) Minderheitsanträge, die in beiden Räthen 
wenigstens '/s der Stimmen auf sich vereinigt haben, sollen mit in 
Abstimmung gebracht werden. 
Noch consequenter würde sein, dem Volke auch solche Gesetze vor- 
zulegen, über welche sich die beiden Räthe nicht einigen konnten, ähnlich 
wie diess bei den Verfassungsrevisionsfragen der Fall ist. In ähnlicher 
Weise schlägt ImmanueL Horrmann (Preussischer Landrath) in einer Bro- 
schüre von 1884 für Deutschland vor, das Plebiszit an Stelle der Parlaments- 
auflösungen treten zu lassen. In Bezug auf die Handhabung des facultativen 
Referendums würde es zweckmässig sein, die Auflegung der Unterschriften- 
bogen nur in öffentlichen Localen (nicht in Wirthshäusern) stattfinden zu 
lassen, und keine Colportage derselben durch Beauftragte, oder gar dafür 
bezahlte Hausirer zu gestatten. 
Grosse politische Bedeutung legen wir diesen Vorschlägen nicht bei, 
die einzige grosse Veränderung der Stimmgebung könnte die Einführung des 
Frauenstimmrechts herbeiführen. Hingegen müsste in den Art.6 der Bundes- 
verfassung, welcher die nothwendigen Eigenschaften der Cantonalverfassungen 
bezeichnet, consequenterweise nun die Forderung hineinkommen, dass alle 
Cantone das obligatorische oder facultative Referendum in der Art und
	        
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