Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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rendum seit seiner allgemeiner Einführung in der Schweiz machte, 
liegen vor Aller Augen und sind leicht aufzuzählen, diejenigen 
Sünden aber, welche die Grossen Räthe und Tagsatzungen seit 
dem Jahre 1815 begangen haben, nimmt sich Niemand die Mühe 
nachzurechnen. Sie würden vielleicht auch zu zahlreiche Bände 
füllen. Man muss eben sich die Sache auch nicht so vorstellen, 
wie man es namentlich in den gegnerischen Reden während der 
Revisionsperiode öfter lesen kann, als ob in den Repräsentanten- 
versammlungen nothwendig, oder wenigstens wahrscheinlich alle 
Intelligenz eines Landes veremigt sei und dagegen bei der Volks- 
abstimmung die von derselben gänzlich entblösste Masse allein 
für sich handle !3%). Weder das Erstere noch das Letztere tritt 
thatsächlich ein. Die Grossen Räthe sind nicht eo ipso die Elite 
des Volkes, sondern enthalten vielleicht ebenso viele zu wenig 
verständige, von Andern abhängige, oder characterschwache Mit- 
glieder nach Prozentzahl bemessen, als das Volk im Ganzen und 
es kommt ja doch nur auf dieses Verhältniss an. Und bei den 
Abstimmungen im Volke sind die als so ausgezeichnete Menschen 
vorausgesetzten Repräsentanten wieder vorhanden, keineswegs von 
Wort und Votum ausgeschlossen, ja sie werden wahrschemlich 
aus dem nämlicben Grunde, aus dem sie gewählt worden sind, 
einen bedeutenden Einfluss auf die Uebrigen besitzen. Es ist also 
nicht der „Senn, der den Code de commerce beurtheilt“ oder 
der „Stallknecht, «er den Civilprocess studiren muss“, sondern in 
solchen Fällen verlassen sich diese beiden auf das Urtheil ihres 
nächsten Nachbars und Freundes, des Juristen, dem sie das 
nöthige Verständniss zutrauen. Dafür hat ein unverdorbenes Volk 
seinen gesunden Verstand und selbst bei Vorlagen. die über das 
gemeine Verständniss hinausgehen, ist in ihm oft ein untrüglicher 
Instinet für dasjenige vorhanden "!), was ihm frommen kann 
190) Vgl, beispielsweise bei Gurm par. 281 und folg. 
131) Auch das ist wohl nicht ganz richtig, was von Gegnern des Refe- 
rendums oft angeführt wird, die in den parlamentarischen Versammlungen sitzen, 
das Volk habe wohl Verständniss für die Wahlen, nicht aber für die Ab- 
stimmungen. Damit würde freilich der Beweis auf die leichteste Art geleistet 
sein, dass stets die Besten in den Parlamenten sitzen, denen man also auch 
ohne Bedenken das ganze Staatsregiment übertragen könne. Da war Leopold I.
	        
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