Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

— 42 — 
fallen, die in Betreff des sog. Finanzgesetzes gewonnenen Resul- 
tate auch auf die übrigen formellen Gesetze anzuwenden, was wir 
am Schlusse unserer Darstellung versuchen wollen. 
A. In Oesterreich bestehen — abgesehen von dem zur 
Schöpfung des Urtheils über eventuelle Ministeranklagen berufenen 
Staatsgerichtshofe — zwei Gerichtshöfe zur Entscheidung von 
Streitsachen des öffentlichen Rechts, nämlich das Reichsgericht 
und der Verwaltungsgerichtshof. Die Competenz dieser beiden 
Gerichtshöfe ist in der Weise abgegrenzt, dass gewisse, im (Gesetze 
taxativ aufgezählte Streitsachen dem Reichsgerichte vorbehalten 
sind; diese Angelegenheiten wurden im & 3 lit. b des Gesetzes 
vom 22. Oktober 1875 aus dem Wirkungskreise des im All- 
gemeinen zuständigen Verwaltungsgerichtshofes ausgeschieden , so 
dass die Zuständigkeit eines dieser Gerichtshöfe die Zuständigkeit 
des anderen nothwendigerweise ausschliesst. Zu den dem Reichs- 
gerichte vorbehaltenen Angelegenheiten gehört nach Art. 3 lit. a 
des bezüglichen Staatsgrundgesetzes auch die endgiltige Ent- 
scheidung über Ansprüche, welche von einzelnen Rechtssubjekten 
entweder gegen die (fesammtheit der im Reichsrathe vertretenen 
Königreiche und Länder oder gegen eines derselben gestellt 
werden, wenn solche Ansprüche zur Austragung im ordentlichen 
Rechtswege nicht geeignet sind. 
Einige Angestellte des galizischen Religionsfondes, die mit 
den ihnen angewiesenen Bezügen nicht zufrieden waren, brachten 
beim Reichsgerichte eine Klage wider das Ministerium für 
Cultus und Unterricht auf Anweisung des von ihnen angesprochenen 
höheren Gehaltes ein. Das beklagte Ministerium bestritt zwar 
nicht, dass nach österreichischem Rechte Ansprüche der gedachten 
Art zur Austragung im ordentlichen Rechtswege nicht geeignet 
seien, wendete jedoch die Incompetenz des angerufenen Reichs- 
gerichtes aus dem Grunde ein, weil der Anspruch weder gegen 
den Reichsfiscus noch gegen das Land Galizien, sondern 
gegen den galizischen Religionsfond gerichtet sei, welcher eine 
eigene juristische Persönlichkeit repräsentire, wesshalb Art. 3 lit. a 
des Staatsgrundgesetzes über die Errichtung des Reichsgerichtes 
hier nicht zutreffe. 
Das k. k. Reichsgericht hat jedoch mit der Entscheidung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.