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fallen, die in Betreff des sog. Finanzgesetzes gewonnenen Resul-
tate auch auf die übrigen formellen Gesetze anzuwenden, was wir
am Schlusse unserer Darstellung versuchen wollen.
A. In Oesterreich bestehen — abgesehen von dem zur
Schöpfung des Urtheils über eventuelle Ministeranklagen berufenen
Staatsgerichtshofe — zwei Gerichtshöfe zur Entscheidung von
Streitsachen des öffentlichen Rechts, nämlich das Reichsgericht
und der Verwaltungsgerichtshof. Die Competenz dieser beiden
Gerichtshöfe ist in der Weise abgegrenzt, dass gewisse, im (Gesetze
taxativ aufgezählte Streitsachen dem Reichsgerichte vorbehalten
sind; diese Angelegenheiten wurden im & 3 lit. b des Gesetzes
vom 22. Oktober 1875 aus dem Wirkungskreise des im All-
gemeinen zuständigen Verwaltungsgerichtshofes ausgeschieden , so
dass die Zuständigkeit eines dieser Gerichtshöfe die Zuständigkeit
des anderen nothwendigerweise ausschliesst. Zu den dem Reichs-
gerichte vorbehaltenen Angelegenheiten gehört nach Art. 3 lit. a
des bezüglichen Staatsgrundgesetzes auch die endgiltige Ent-
scheidung über Ansprüche, welche von einzelnen Rechtssubjekten
entweder gegen die (fesammtheit der im Reichsrathe vertretenen
Königreiche und Länder oder gegen eines derselben gestellt
werden, wenn solche Ansprüche zur Austragung im ordentlichen
Rechtswege nicht geeignet sind.
Einige Angestellte des galizischen Religionsfondes, die mit
den ihnen angewiesenen Bezügen nicht zufrieden waren, brachten
beim Reichsgerichte eine Klage wider das Ministerium für
Cultus und Unterricht auf Anweisung des von ihnen angesprochenen
höheren Gehaltes ein. Das beklagte Ministerium bestritt zwar
nicht, dass nach österreichischem Rechte Ansprüche der gedachten
Art zur Austragung im ordentlichen Rechtswege nicht geeignet
seien, wendete jedoch die Incompetenz des angerufenen Reichs-
gerichtes aus dem Grunde ein, weil der Anspruch weder gegen
den Reichsfiscus noch gegen das Land Galizien, sondern
gegen den galizischen Religionsfond gerichtet sei, welcher eine
eigene juristische Persönlichkeit repräsentire, wesshalb Art. 3 lit. a
des Staatsgrundgesetzes über die Errichtung des Reichsgerichtes
hier nicht zutreffe.
Das k. k. Reichsgericht hat jedoch mit der Entscheidung