Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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Die im Falle A gefällte Entscheidung betraf allerdings nur 
eine Competenzfrage; es ist jedoch klar, dass die in diesem Er- 
kenntnisse zum Durchbruche gelangte Anschauung auch für das 
materielle Recht von einer geradezu unberechenbaren Tragweite 
ist. Nichts weniger als die Auflösung einer bis dahin ohne 
Widerspruch anerkannten universitas bonorum, die Uebertragung 
des gesammten Vermögens der sonach vernichteten juristischen 
Persönlichkeit an den Staat, den Eintritt des Letzteren in die 
gesammten Verbindlichkeiten der Ersteren, dies Alles soll die 
Thatsache bewirkt haben, dass im Staatsvoranschlage die Ein- 
nahmen und Ausgaben des in Rede stehenden Fonds eingestellt 
wurden und dass dieser Staatsvoranschlag in Form eines Gesetzes 
verkündet wurde? Wir glauben kaum, dass das Reichsgericht 
seine Zuständigkeit im Falle A anerkannt hätte, wenn es sich 
die eben gedachten Consequenzen seiner Auffassung der Com- 
petenzfrage vergegenwärtigt hätte. Und doch sind diese Oon- 
sequenzen absolut unabweislich, sobald man sich auf den Stand- 
punkt stellt, dass der mit Zustimmung der gesetzgebenden Fak- 
toren zu Stande gekommene Staatsvoranschlag auch seinem In- 
halte nach ein wahres Gesetz, die Statuirung einer Rechts- 
norm sei! Denn es müsste in diesem Falle angenommen werden, 
dass der Gesetzgeber in der That die Einbeziehung der Religions- 
fonds in das Staatsvermögen angeordnet habe, weil er im ent- 
gegengesetzten Falle lediglich den eventuellen Zuschuss des 
Staates zur Bestreitung der Kosten des katholischen Cultus in 
die Rubrik der Ausgaben eingestellt, nicht aber sämmtliche 
Einnahmen und Ausgaben der Religionsfonds in das staat- 
liche Budget aufgenommen hätte. 
Noch klarer liegt die Sache im Falle B. Hier bestreitet 
zwar der Verwaltungsgerichtshof, dass die Nichtaufnahme einer 
Position in den Ausgabenetat die Rechte desjenigen zu alteriren 
vermöge, zu dessen Gunsten die betreffende Zahlung durch ein 
früheres Gesetz angeordnet wurde, allein er that dies lediglich 
aus dem Grunde, weil im sog. Finanzgesetze keine Bestimmung 
zu finden sei, dass die betreffende Zahlung nicht geleistet werden 
solle. Dem Finanzgesetze wird sohin der Charakter eines wahren 
Gesetzes nicht abgesprochen, wobei nur nebenher bemerkt werden
	        
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