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Rechtsgrund für die einzelnen im Etat vorkommenden Ein-
nahme- und Ausgabeposten zu schaffen; es handelt sich hier
lediglich darum, die (Gewissheit zu erlangen, ob der Staat in der
betreffenden Periode mit den ihm bereits zu Gebote stehenden
Mitteln das Auslangen finden oder genöthigt sein werde, zu
ausserordentlichen Finanzoperationen seine Zuflucht zu nehmen.
Dass von Seite der Volksvertretungen nebenher auch mit die
Absicht unterläuft, auf die Finanzgebahrung des Staates einen
Einfluss auszuüben, ist gewiss nicht wesentlich, da der Zweck
einer staatsrechtlichen Institution doch stets nur nach den ihr
im Staatswesen zugewiesenen Funktionen, nicht nach den
Vortheilen bestimmt werden kann, welche sie dem einen oder
dem anderen Faktor im Staate jeweilig zu bieten im Stande ist.
In der Votirung der einzelnen Posten des Budgets mag eine
Anerkennung der betreffenden Berechtigungen bezw. Ver-
pflichtungen des Staates erblickt werden; stets wird aber der
betreffende Akt den Charakter des Vollzuges an sich tragen,
mit nichten jedoch den Charakter der Statuirung einer
Rechtsnorm.
Man dürfte einwenden, es sei ja nicht nothwendig, dass neue
Regeln aufgestellt werden, um einer Anordnung den Charakter
der Statuirung eines Rechtssatzes zu sichern. Allerdings ist auch
die Republikation eines in Vergessenheit gerathenen Gesetzes, die
authentische Interpretation einer bestehenden Norm ein Akt der
Gesetzgebung°). Allein im vorliegenden Falle liegt doch, will
uns scheinen, die Sache etwas anders. Eine lex specials — und
um eine solche könnte es sich höchstens handeln — hat über-
haupt nur dann einen Sinn, wenn sie von der im allgemeinen
geltenden Rechtsregel abweicht. Ueberdies lautet die Anord-
nung, mit der wir uns beschäftigen, gar nicht dahin, dass dem
Staate Dieser oder Jener etwas zu leisten, dass der Staat die
durch eine Maximalsumme limitirten Verpflichtungen zu erfüllen
habe, sondern sie besagt nur, es sei zu erwarten, dass in der
betreffenden Periode die Einnahmen bezw. Ausgaben des Staates
eine gewisse Summe erreichen werden. Was für ein Rechtssatz
°) Doch ist auch dies nicht unbestritten. Vgl. SELIGMANN a. a. O. 8.146 ff.