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lich wegen Verletzung des Gesetzes in Anklagestand versetzt
werden können 1°).
Wir sagten, seinem Inhalte nach habe das Finanzgesetz die
Wirkung eines Wirthschaftsplanes. In demselben wird die
Erwartung ausgesprochen, dass die Einnahmen und Ausgaben
des Staates mit Rücksicht auf die bestehenden Einrichtungen
in der Etatsperiode eine gewisse Höhe erreichen werden; in Ansehung
der präliminirten Ausgaben kann man überdiess sagen, dass der
Staat die ım Finanzgesetze angeführten Zahlungen aus der Staats-
kasse als nothwendig oder nützlich erklärt habe. Mit Recht wird
daher von GNEIST ausgeführt, dass im Falle einer Beanstandung
der von der Regierung nach Ablauf der Etatsperiode gelegten
Rechnungen die Regierung des Nachweises der Nothwendigkeit
und Nützlichkeit der als Ausgaben in den Staatsvoranschlag auf-
genommenen Posten enthoben sei, wogegen in dem ‘Falle, wenn
der Ausgabe das Präliminarium nicht zur Seite steht, oder wenn
gar die betreffende Post bei Berathung des Budgets ausdrücklich
abgelehnt wurde, der Regierung die Beweislast in der oben
gedachten Richtung obliege, um einer eventuellen Anklage wegen
Missregierung oder wenigstens einer civilrechtlichen Ersatzforde-
rung !*) mit Erfolg entgegenzutreten.
Die Regierung ist also an das Finanzgesetz allerdings gebun-
den, aber doch nur insoweit, als sie durch einen Verwaltungs-
183) Wollte man aber auch in solchen Fällen das Wort „Gesetz“ im
formellen Sinne auslegen, so wäre hiemit für unsere Frage noch Nichts ent-
schieden. Eine solche Auslegung würde sich immerhin darauf berufen können,
dass behufs Sanirung von Verletzungen materieller Gesetze anderweitige
Rechtscontrollen bestehen, dass daher das Ministerverantwortlichkeits-
gesetz, wenn demselben praktische Bedeutung beigemessen werden soll, die
Anklage gerade vornehmlich wegen Ausserachtlassung formeller Gesetze
zulassen musste.
14) Wie bereits oben ausgeführt, könnte die behauptete Verletzung des
Finanzgesetzes den Thatbestand selbst einer civilrechtlichen Ersatzforderung
nicht bilden, sondern eine solche Klage müsste auf den allgemeinen Grund-
satz gestützt werden, dass ungerechtfertigte Auslagen den Rechnungsleger
zum Ersatze verpflichten. Das Finanzgesetz käme in einem solchen Streite
eventuell beiderseits als Beweismittel, nicht aberals Rechtsgrund
des erhobenen Anspruches in Betracht.
sl*