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Ganz analog stehen die Dinge in unserem Falle. Das Budget
ist nicht zu Stande gekommen, der Staat hat es unterlassen, den
Wirthschaftsplan für die laufende Periode festzusetzen. Dadurch
ist aber doch nicht die Geltung der zu Beginn dieser Periode zu
Recht bestehenden Gesetze alterirt worden! Diese Gesetze be-
stehen so lange, bis sie entweder ausdrücklich oder stillschweigend
durch Erlassung eines mit ihrem aufrechten Bestande unverein-
barlichen neuen Gesetzes aufgehoben werden. Keines von Beiden
ist geschehen: das bis dahin geltende objective Recht hat sohin
keinerlei Veränderung erfahren '?).
Wie verhält es sich also vorerst mit den Ausgaben, welche
in dem vermissten Finanzgesetze hätten ihren Ausdruck finden
sollen? Dieselben haben, wie wir voraussetzen, ihren Rechts-
grund keineswegs daselbst, sondern in Verhältnissen, aus welchen
auf Grund der bestehenden Gesetze Anderen gegen den Staat
ein Forderungsanspruch entweder bereits erwachsen ist oder doch
nach dem natürlichen Laufe der Dinge erwachsen muss. Dieser
Forderungsanspruch wird durch das Nichtzustandekommen des
Finanzgesetzes durchaus nicht beeinträchtigt, wenigstens insoweit
es sich um die Frage seines rechtlichen Bestandes handelt;
ob die Realisirung dieses Anspruches nicht eventuell wegen
Abganges hinlänglicher Zahlungsmittel auf Hindernisse stossen
könnte, mag dahingestellt bleiben, hat aber mit der Rechtsfrage
nichts zu schaffen. Dass aber das Finanzgesetz für die Ausgabe-
posten keineswegs Rechtsgrund sei, sondern dass in diesem ver-
meintlichen Gesetze lediglich die bereits anderweitig begründeten
Ansprüche an den Staat zusammengestellt und nebstbei eventuell
auch anerkannt werden, müssen die Gegner selbst zugeben, weil
sie sonst jede Ueberschreitung der votirten Summen schon an sich
als gesetzwidrig ansehen müssten. Dies können sie aber der un-
möglichen Consequenzen willen, zu denen sie gelangen müssten,
niemals mit Erfolg behaupten !°).
18) In gleichem Sinne vergl. die Ausführungen G. Mervar's in Grünhut’s
Zeitschr., 8. Bd., S. 7, 49 ff.
19) GnEIST weist a. a. O., 8. 101 mit Recht darauf hin, dass unter
Umständen gerade die strikte Einhaltung des Finanzgesetzes in Ansehung der
votirten Ausgabeposten die Minister verantwortlich machen könnnte, so