Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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bereits mehrfach von anderer Seite hervorgehobene Umstand von 
entscheidendem Gewichte, dass die ältere Finanzwirthschaft auf ganz 
anderen Grundlagen beruhte als die Finanzwirthschaft des moder- 
nen Staates ?*). Die regelmässigen Bedürfnisse des Staates, welche 
keineswegs bedeutend waren, wurden aus den Kammereinkünften 
bestritten und der ständischen Bewilligung unterlagen nur ausser- 
ordentliche Zuschüsse, die übrigens dem Herkommen gemäss, 
insoferne sie das Maass des Nothwendigen oder bisher Ueblichen 
nicht überschritten, nicht verweigert, auch nicht von solchen Be- 
dingungen abhängig gemacht werden durften, die mit der Pro- 
position selbst in keinem Zusammenhange standen *). Ganz 
andere Anforderungen stellt aber unsere Zeit an den Staat; 
gegenüber dem finanziellen Effekte dieser Anforderungen erscheinen 
die Einkünfte aus den Domänen und Regalien verhältnissmässig 
gering und man dürfte schon kaum mehr einen Staat ausfindig 
machen, der im Stande wäre, auch nur kurze Zeit seine laufenden 
Bedürfnisse zu decken, ohne von den Staatsbürgern als solchen 
24) Man vgl. in dieser Hinsicht jetzt insbesondere WAGNER, Finanz- 
wissenschaft, III. Theil (1886), I. Heft (S. 1—208). Eine Uebersicht der 
historischen Entwickelung des Steuerbewilligungsrechtes bietet ScHULZE in 
Grünhut’s Zeitschr., U, S. 161—189. 
#5) Das Verbot der sog. taking bills (vgl. Gxeist S. 107) findet sich 
u. A. schon in der ver. Landesordnung für Böhmen vom 10. Mai 1627, wo 
es heisst: „Betreffend aber die Contributiones, haben Wir für Uns und die 
nachkommende Könige und Erben zum Königreich Uns dahin aus Gnaden 
resolvirt, dass Wir dieselbigen auff denen Land-Tägen und anders nicht, 
denn gegen gewöhnlichen Reversen von denen Ständen begehren lassen 
wollen. Als Uns dann nicht zweiffelt, Unsere getreue Stände, Unsere und 
des Vatterlandes jedesmahls vorfallende Notwendigkeiten Ihnen treuhertzig 
zu Gemüth ziehen werden, Wir auch nicht nachsehen können noch wollen, 
dass die von Uns begehrte Contributiones Uns durch unbilliche con- 
ditiones, so etwan gegen unseren Königlichen Stand, Hochheit und Würden 
lauffen möchten, als durch Suchung neuer Privilegien und Frei- 
heiten, oder dergleichen Unserer Propositionnichtanhängige 
Einwenden, wie etwan bishero beschehen, conditioniret oder auffgehalten 
werden“. Schon FRICKER hat (a. a. O. S. 690) auf die Inconsequenz Jener 
hingewiesen, welche zwar das Verbot der Beifügung fremdartiger Bedingungen 
billigen, jedoch andererseits den Ständen ein unbedingtes Veto in Beziehung 
auf das Finanzgesetz zugestehen wollen, denn gewiss kann demjenigen, der 
Nein sagen darf, ein bedingtes Ja vernünftiger Weise nicht verwehrt werden.
	        
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