Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

— 488 0 — 
nur mit dieser Auffassung die gesetzliche Bestimmung zu verein- 
baren, derzufolge die Anfechtung der Errichtung eines, unter 
Zustimmung der gesetzgebenden Faktoren zu Stande gekommenen 
Fideicommisses wegen nachheriger Geburt eines männlichen ehe- 
lichen Erben des Stifters ($ 628 österr. bürg. G.-B.) gestattet 
ist, wogegen die Möglichkeit der Ausserkraftsetzung eines wirk- 
lichen Aktes der Gesetzgebung durch den Richter der juristischen 
Construktion grosse Schwierigkeiten bereiten würde. 
vn. 
Den vorstehenden Erörterungen dürfte der Vorwurf nicht 
erspart bleiben, dass sich die von uns aus dem Begriffe und dem 
Wesen der formellen Gesetze gezogenen Konsequenzen nicht ver- 
werthen lassen, weil wir einerseits eine Modifikation des bisherigen 
Rechtes durch die formellen Gesetze perhorresziren, anderer- 
seits jedoch zugeben, dass auch die Gesetze, die wir ihrem Wesen 
nach als formelle bezeichnet haben, Rechtssätze enthalten können. 
Bewegen wir uns da nicht in einem falschen Kreise, wird nicht eben 
jedes formelle Gesetz, welches etwas von dem bisherigen Rechts- 
zustande Abweichendes festsetzt, hiedurch eben zu einem Gesetze 
im materiellen Sinne des Wortes? Das Gesetz verbinde — be- 
haupten die Gegner — in gleicher Weise, mag sein Inhalt welcher 
Art immer sein, und schlimm wäre es um die Rechtssicherheit 
bestellt, wenn es im concreten Falle dem Richter anheimgestellt 
wäre, zu untersuchen, ob einem gehörig kundgemachten Gesetze 
diese Bezeichnung in materieller oder in formeller Hinsicht gebühre, 
und welche Wirksamkeit demselben mit Rücksicht hierauf innewohne. 
Es sei uns daher noch gestattet, diese Einwürfe in Kürze 
zu widerlegen. 
Es ist wohl nicht vollkommen richtig, dass das Gesetz ohne 
Rücksicht auf seinen Inhalt verbinde, da ein unmöglicher Gesetzes- 
inhalt nicht verbinden kann, doch mag die betreffende gegnerische 
Behauptung als im Allgemeinen zutreffend immerhin zugegeben 
werden. Was folgt hieraus? Uns handelt es sich ja eben 
darum, den Gesetzesbegriff abzugrenzen, zu untersuchen, welche 
der von den Organen der gesetzgebenden Gewalt ausgehenden 
Verfügungen als allgemein verbindliche Normen zur Regelung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.