292 —
gebieten in gleicher Weise Anwendung. Nicht nur wird das
anzuwendende Recht für beide von Reichs wegen bestimmt, selbst
das sonst den Kolonialgesellschaften zustehende Recht, die Or-
gane der Verwaltung zu bestellen, ist für das Gebiet der Recht-
sprechung beschränkt. Denn der Vorsitzende des Kolonialgerichtes
muss vom Reichskanzler mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit
beauftragt sein, und die Beisitzer werden von dem Vorsitzenden
ernannt. Den Kolonialgesellschaften bleibt lediglich die Ver-
pflichtung, den Vorsitzenden des Kolonialgerichtes zu besolden.
Dass es ihnen freisteht, dem Reichskanzler entsprechende Vor-
schläge zu machen, liegt in der Natur der Sache. In der Regel
werden auch jedenfalls Beamte der Gesellschaft, die bereits im
Schutzgebiete thätig sind, zur Ausübung der Rechtsprechung er-
mächtigt werden. Ein Recht hierauf wie ein Recht auf Berück-
sichtigung ihrer Vorschläge haben aber die Gesellschaften in
keiner Weise. Allerdings enthalten die Schutzbriefe entgegen-
stehende Bestimmungen. So ist der ostafrikanischen Gesellschaft
ausdrücklich die Gerichtsbarkeit gegenüber den Eingeborenen und
den in ihren Gebieten sich aufhaltenden Angehörigen des Reiches
und anderer Nationen verliehen worden. Ebenso hat die Neu-
Guinea-Kompanie gegen Uebernahme der Kosten der Recht-
sprechung die entsprechenden Rechte der Landeshoheit erhalten.
Diese Verleihungen sind aber als durch des Gesetz vom 17. April
1886 aufgehoben zu erachten, da in dem Gesetze ein Vorbehalt
zu Gunsten der Gesellschaften nicht gemacht ist. Die allge-
meine Klausel der Schutzbriefe, welche Abänderungen und Er-
gänzungen derselben ausdrücklich vorbehält, lässt auch die in
dem Gesetze enthaltene Abänderung der Schutzbriefe durchaus
gerechtfertigt erscheinen.
Auf dem Gebiete der Justiz gehen also in Kronschutzgebieten
wie in Gesellschaftsschutzgebieten nicht nur die rechtlichen Normen
von der Reichsgewalt aus. Diese hat auch die nöthigen Organe
für die Rechtsprechung zu bestellen. Nur die Kosten müssen
von den Gesellschaften aufgebracht werden. Dass ihnen dagegen
auch die aus der Justiz fliessenden Einkünfte, wie Geldstrafen
und Prozesskosten gebühren, ist selbstverständlich.
Die Polizeihoheit des deutschen Staatsrechts ist erwachsen
aus der dem Könige zustehenden und von ihm den Grafen über-
tragenen Befugniss, zu gebieten und zu verbieten unbeschadet