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in die neueste Zeit hindurchzieht, erscheint als das charakteristi-
sche Merkmal eines unentwickelten staatlichen und volkswirth-
schaftlichen Zustandes und ist durch diesen nothwendig bedingt.
Bei jeder niederen volkswirthschaftlichen Kultur kann der Staat
seine Aufgabe nur in der Vertheidigung seiner Unterthanen gegen
innere und äussere Feinde sehen, seine innere Politik beschränkt
sich also auf den Rechtsschutz. Dieser ist das einzige Ziel des
mittelalterlichen Rechtsstaates, der durchaus verschieden ist von
dem, was man heute Rechtsstaat nennt. Der Rechtsschutz kann
aber nicht nur durch die Rechtsprechung gewährt werden,
sondern es gehört dazu auch eine dieselbe unterstützende und
Störungen der Rechtsordnung vorbeugende polizeiliche Thätig-
keit, die das Mittelalter als Friedensbewahrung, wir als Sicher-
heitspolizei bezeichnen. Da die Polizei lediglich zur Unterstützung
der Rechtspflege bestimmt ist, so kann sie auch nur von dem
mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit betrauten Organe ausgeübt
werden. Es ist charakteristisch, dass, sobald eine Ausdehnung
der staatlichen Thätigkeit über den blossen Rechtsschutz hinaus
stattfindet, entweder eine Trennung der Polizei von der Rechts-
pflege oder wenigstens eine Uebertragung der neu entstandenen
Zweige der Polizei auf besondere Organe stattfindet, so dass den
richterlichen Behörden nur die alte Friedensbewahrung verbleibt.
Ersteres geschah in den Städten des Mittelalters und demnächst
allgemein während einer durch drei Jahrhunderte sich hinziehen-
den Entwicklung, seit dem 16. Jahrhundert in den oberen, seit
dem 19. Jahrhundert in den unteren Instanzen des deutschen
Behördenorganismus. Für die Uebertragung neuer Gebiete der
staatlichen Thätigkeit auf besondere Behörden ist dagegen die
englische Verwaltung das beste Beispiel, wo die Friedensrichter
ausser der Rechtsprechung allerdings die alte Friedensbewahrung
behalten, aber alle übrigen Zweige der Verwaltung an neu ge-
bildete Behörden für die innere Verwaltung verloren haben.
Mit der Beschränkung der staatlichen Thätigkeit für die
Kolonien auf den Rechtsschutz war daher wie im mittelalterlichen
Staatswesen die Uebertragung der Polizeigewalt auf das zur
Rechtsprechung berufene Organ naturgemäss gegeben. Für die
Gesellschaftsschutzgebiete ergibt sich hieraus eine weitere Be-
schränkung der den Gesellschaften zustehenden Kolonialverwal-
tung. Die Gesellschaften können keine Organe bestellen, denen