die Ausübung der höheren Polizei, d. h. des Polizeidezernats
und des Polizeiverordnungsrechtes zusteht. Denn der Erlass po-
lizeilicher Vorschriften unter Strafandrohung kann nur von dem
mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit betrauten Beamten aus-
gehen. Die Bestellung desselben erfolgt aber durch den Reichs-
kanzler. Die Gesellschaften können nur die erforderlichen Exe-
kutivbeamten ernennen. Soweit die Schutzbriefe entgegengesetzte
Bestimmungen enthalten, sind diese ebenso wie die entsprechen-
den Anordnungen über die Ausübung der Rechtspflege seitens
der Gesellschaften als durch das Gesetz vom 17. April 1886 auf-
gehoben zu erachten.
Die Vorschriften, zu deren Erlass die Gerichtsvorsitzenden
der Schutzgebiete ermächtigt werden können, müssen polizei-
licher Natur sein. Was in das Gebiet der Polizei gehört, ist in
dem Gesetze nicht gesagt. Auf das preussische Recht, welches
in$ 10 II, 17 A. L.-R. eine erschöpfende gesetzliche Begriffs-
bestimmung gibt ?*), darf hier nicht zurückgegriffen werden, da
in den Schutzgebieten nur die privatrechtlichen, aber nicht die
staatsrechtlichen Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts
gelten. Man muss daher auf das gemeine deutsche Staatsrecht
zurückgehen. Nach der geschichtlichen Entwicklung desselben
ist zur Polizei die gesammte Thätigkeit des Staates auf dem Ge-
biete der inneren Verwaltung mit Ausschluss der Rechtsprechung
zu rechnen, soweit diese Thätigkeit nicht in das Gebiet des Kriegs-,
Finanz- und Kirchenwesens fällt. Im Grunde genommen deckt
sich hiermit die Bestimmung des $ 10 IL, 17 A. L.-R., die den-
selben Gedanken positiv ausdrückt. Es ist jedoch daran festzu-
halten, dass diese Begriffsbestimmung in den Schutzgebieten nicht
formelles Recht ist.
Unter den polizeilichen Vorschriften sind in erster Reihe
Polizeiverordnungen zu denken. Wie sich aber im Mittelalter
aus dem Rechte des Gebots und Verbots im einzelnen Falle eine
Befugniss zum Erlass allgemeiner Anordnungen ableiten liess,
so muss umgekehrt für die Schutzgebiete angenommen werden,
dass, soweit der Inhaber der Polizeigewalt etwas allgemein an-
®2) A. L.-R. I, 17, $ 10: „Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der
öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem
Publiko oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu
treffen, ist das Amt der Polizei.“