Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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umfasst eine Verantwortlichkeit der Rathgeber des Königs für 
ihr Verhalten im Amte in vergangener Zeit, die Massregel, 
die politische Verantwortlichkeit geltend zu machen, ist nur 
praeventiver Natur für die kommende Zeit. Die Volksreprä- 
sentation hat die ihr durch $ 107 der Verf.-Urk. in die Hand 
gelegte Waffe wohl manchmal zur Drohung entblösst, niemals aber 
davon weitergehenden Gebrauch gemacht. Es ist auch der Vor- 
schlag gemacht worden, den ganzen Paragraphen aus dem Grund- 
gesetze zu streichen (beim Reichstage 1873), doch wurde dieser 
Vorschlag auf die vom Constitutionsausschusse angetragenen, 
unserer Meinung nach vollgültigen Gründe hin verworfen (siehe das 
Bedenken des Ausschusses, NAUMANN 2.2.0. IV, S. 305—307). Das 
Reichsgericht aber ist fünf Mal zusammengetreten. Was bei der 
Betrachtung der Verantwortlichkeit des schwedischen Staatsrathes, 
im Vergleich mit derjenigen der Minister in England, Dänemark 
und Norwegen, für den Betrachter vornehmlich als etwas für 
Schweden Eigenthümliches hervortritt, sind die bestimmten For- 
men, in welche diese Verantwortlichkeit gekleidet ist. Man findet 
hier, wie auch in Bezug auf die Organisation und die Functionen des 
Staatsrathes, eine ins Detail gehende Ausarbeitung, welche, wenn sie 
auch nicht ohne Mängel ist, doch unbestreitbare Vortheile aufweist. 
Wir haben einige Grundzüge der constitutionellen Stellung des 
schwedischen Staatsrathes verglichen mit denjenigen der ent- 
sprechenden Institutionen in England, Dänemark und Norwegen. 
Wir haben nun diese Züge in ein Gesammtbild zusammenzufassen. 
Es ist gesagt worden, dass das schwedische Volk eine starke 
königliche Macht liebe. Die Stellung, welche es dem Staatsrathe 
in den Grrundgesetzen, nach welchen es regiert wird, selbst gegeben 
hat, ist das meist unumstössliche Zeugniss von der Wahrheit 
dieses Satzes. Die königliche Macht ist begrenzt, aber inner- 
halb der Grenzen ist sie in einer Hand vereint. Es ist eben- 
sowohl die Pflicht des Königs, Rath zu hören, wie die des 
Staatsrathes Rath zu geben, doch beschliesst der König 
allein. Hieraus folgt, dass der Staatsrath nur für den gege- 
benen Rath, nicht aber für den vom Könige gefassten Beschluss 
verantwortlich ist. So ergiebt sich sowohl die Möglichkeit als 
auch die Nothwendigkeit des Rechtes auf ein Reservatvotum und
	        
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