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kann, Wahlgesetze, die eben diese Aristokratie in die Repräsentation
einführen, ebenso wie grosse politische, scharf von einander ge-
sonderte Parteien und endlich vorzügliche Staatsmänner als Leiter
derselben. In demselben Maasse, wie diese Voraussetzungen nicht
mehr in dem gleichen Grad wie zuvor vorhanden waren, hat auch
der Parlamentarismus Englands zu wanken begonnen. Die Zeit
von 1788—1832 war seine Glanzperiode; sie ist auch gekenn-
zeichnet von der entschiedenen und unbestrittenen Uebermacht
der aristokratischen Familien in der englischen Gesellschaft: jene
Familien mussten aber ihre Macht bei der Parlamentsreform im
Jahre 1832 mit der Mittelklasse und durch das in den Jahren
1867 und 1868 erweiterte Wahlrecht auch mit den niederen
Klassen theilen. Ohne Familienerinnerungen und Familientradi-
tionen, ohne durch ihre Geburt an eine gewisse Partei hinge-
wiesen zu sein, um sich derselben anzuschliessen oder — von ihr
abzufallen, kamen die Repräsentanten jener Classen in das Par-
lament, und da die Parteien im Grunde genommen nunmehr
nichts Anderes sind, als zwei gesonderte Lager ohne bestimmte
Fahnen, zeigten die Mitglieder des Parlamentes sich immer
weniger gewillt, sich discipliniren zu lassen, und das Parteiwesen,
das doch die Stütze des Parlamentarismus gebildet hatte, gerieth
in Verfall. Die Summen für die verschiedenen Departements
werden jetzt nicht länger summarisch votirt, sondern das Unter-
haus votirt und kritisirt mehr und mehr im Detail und es ist daher
bei Weitem schwerer, sich jetzt auf seine Majorität zu verlassen.
Der Parlamentarismus, welchen wir in England gefunden
haben, und welcher auch dort, nach dem Zugeständnisse eng-
lischer Verfasser, nicht mehr so gut als früher arbeitet, kann
also nicht gut als das Muster für andere Staaten dienen. Dass
mit einem allgemeineren und entwickelteren politischen Leben,
mit einem grösseren Interesse bei den Wahlen und einer grösseren
politischen Einsicht und Tüchtigkeit der Gewählten der Einfluss
der Volksrepräsentation auf die Regierung des Landes grösser
und grösser werden muss, ist selbstverständlich, dieses ist aber
auch nur der „Parlamentarismus“, der mit Ernst erstrebt wer-
den kann.
Archiv für öffentliches Recht II. 3. 4. 36