4 —
ordnen kann, er auch zu Geboten und Verboten im einzelnen
Falle durch Polizeiverfügung befugt ist. Polizeiliche Vorschriften
umfassen daher sowohl Polizeiverordnungen wie Polizeiverfügungen.
Die Kontrolle der kolonialen Polizeiverwaltung liegt vorzugs-
weise in der Aufsicht durch die zuständige Behörde des Mutter-
landes, den Reichskanzler. Durch die Beschwerde bei der Auf-
sichtsbehörde ist allein die Aufhebung allgemeiner und besonderer
polizeilicher Vorschriften zu erlangen, zu deren Erlass der zu-
ständige Beamte an sich befugt ist. Die Kontrolle der Gerichte
tritt dem gegenüber mehr in den Hintergrund.
Es fragt sich nun noch, ob die koloniale Polizeibehörde be-
rechtigt ist, nach Massgabe der Bestimmungen der Strafprozess-
ordnung $ 453 die durch Uebertretung der Polizeiverordnungen
verwirkte Strafe vorläufig festzusetzen. Die Strafprozessordnung
macht diese Befugniss der Polizeibehörden von einer landesgesetz-
lichen Bestimmung abhängig, die in den Schutzgebieten vorläufig
noch nicht vorhanden ist. Eine solche ist aber auch gar nicht
erforderlich. Denn nach dem Gesetze über die Konsulargerichts-
barkeit, welches in dieser Beziehung auch auf die Schutzgebiete
Anwendung findet, tritt der Konsul, also in den Schutzgebieten
der mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit betraute Beamte, an
die Stelle des Amtsgerichts, soweit in demselben der Einzel-
richter ohne Zuziehung von Schöffen nach den Reichsprozess-
gesetzen thätig ist. Der Amtsrichter ist aber nach $ 447 Str.-
Pr.O. in weit höherem Masse als die Polizeibehörde zu einer
vorläufigen Straffestsetzung befugt, indem dieselbe sich auf Geld-
strafe bis 150 Mk., Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen und
Einziehung erstreckt. Dieselbe Befugniss steht in den Schutzge-
bieten dem Gerichtsvorsitzenden zu, der also in dieser Eigenschaft,
wenn auch nicht als Polizeibehörde die Strafe festsetzen kann.
Soweit gegen einen Strafbefehl Widerspruch erhoben wurde,
oder der Erlass eines solchen unzulässig ist?”), hat das Gericht
37) Da die Uebertretung kolonialer Polizeiverordnungen mit Freiheits-
strafe bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe in unbeschränkter Höhe be-
droht werden kann, so ist die vorläufige Straffestsetzung ausgeschlossen,
wenn der Mindestbetrag der angedrohten Strafe über sechs Wochen Frei-
heitsstrafe und 150 Mk. Geldstrafe hinausgeht, oder wenn zwar eine geringere
Strafe im Mindestbetrage angedroht ist, im einzelnen Falle aber eine höhere
Strafe angemessen erscheint.