Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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Zahl und angefochten in ihrer Sicherheit, besteht in Aufstellung 
von Gresetzen periodischer Entwickelung, angeblich also für die 
Zukunft der Menschheit giltig wie für ihre Vergangenheit; die 
zweite Reihe will mit Post auf Grund der Rechtsvergleichung 
eine neue Rechtsphilosophie schaffen, zu ewigen, unveränderlichen 
Grundbegriffen vordringen und so die Fundamente aller Rechts- 
wissenschaft reformiren. Auf diesem Gebiet sind die wenigsten, 
oder sagen wir es rund heraus — gar keine anerkannten Resultate 
erzielt worden. Diese Differenzen in den äusseren Erfolgen der 
sociologischen Rechtslehre hängen auf das engste mit ihrer inneren 
Natur zusammen. Je inniger die Folgerungen mit ihren inductiven 
Grundlagen verbunden sind, desto weniger sind sie Anfechtungen 
ausgesetzt, je mehr sie sich davon entfernen und mit den höchsten 
Fragen der Philosopbie compliciren, um so mehr theilen sie die 
den letzteren innewohnende Unsicherheit. Durchaus zweifelhaft 
ist es, ob die sociologische Rechtslehre fähig ist zum abstracten 
Rechtsbegrifi, zur Rechtsidee, zur Erkenntniss der Niederschläge 
des lebendigen Rechtsbewusstseins der Menschen zu gelangen!), 
noch weniger einleuchtend ist die Begründung der Hoffnung auf 
diese Art zu neuen Grundlagen des Rechtes vorzudringen. Das neue 
Recht richtet sich nach herrschenden ethischen und socialen Bedürf- 
nissen und wird aus der sociologischen Rechtslehre vielleicht selbst 
dann keinen Nutzen ziehen können, wenn dieselbe periodische, auch 
für die Zukunft giltige Gesetze sicherstellen sollte. Solche Gesetze 
beziehen sich auf grosse Zeiträume und allgemeine Grundzüge, ihre 
Wahrheit liegt darin, dass sie sich erfüllen, obgleich kein Gesetz- 
geber sie je berücksichtigt oder auch nur gekannt hat, de lege ferenda, 
im concreten Fall, werden sie schwerlich je Einfluss gewinnen. 
Hauptziel der ethnologischen Jurisprudenz bleibt demnach 
Feststellung von Typen und typischen Relationen der in ihr Gebiet 
fallenden Erscheinungen. Wir halten dabei an der Ansicht fest, 
„der Zustand der noch jetzt lebenden Wilden spiegele den längst 
vergangenen und vergessenen Urzustand der Culturvölker treu, 
wenn auch nur in den Hauptzügen wieder“ und glauben nach 
wie vor, mit dieser Lehre stehe und falle die Wissenschaft der 
!) Vgl. die Besprechung von Posr’s „Grundlagen des Rechts“ in der 
Zeitschr. £. Privat- und öffentl. Recht XIII S. 183 fl. 
  
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