Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

— 550 — 
auf die er im methodischen Processe des Wägens, Messens und 
Vergleichens nicht verzichten kann noch will. Die Menschheit 
muss, heisst es weiter, im Laufe ihrer Entwickelung doch zu 
einigen bestimmten Resultaten, zu feststehenden Krystallisations- 
formen gelangt sein, gleichviel ob deren Zahl gross oder klein 
ist — um welche sich in irgend welcher Form das Flüssige, Un- 
gebundene der Lebensphänomene zu gruppiren vermag. Bedenklich 
sei es allerdings, wenn Moralisten allen ihren Rechts- und 
Sittlichkeitsprincipien eine unzweifelhafte Gewissheit a priori vin- 
diciren, ebenso bedenklich aber, jene primären und erprobten 
Erhaltungsbedingungen jedes gesellschaftlichen Verbandsverhält- 
nisses in einer alles negirenden und erschütternden Skepsis 
untergehen zu lassen. Bedenklich sie, trotzdem sie sich als das 
Resultat einer vieltausendjährigen und tausendfältigen Erfahrungs- 
kette darstellen, als schlechthin werthlose und unzuverlässige, 
aprioristisch speculative Bildungen zu charakterisiren. Diesem 
Irrthum verfalle die Mehrzahl der Anhänger der ethnologischen 
Methode und man könnte sein Wirken bei Post nicht minder 
genau nachweisen, wie bei DARGUN, KOHLER, BACHOFEN, GUM- 
PLOWICZ u. 2.) ... 
Post lehne die Annahme eines dem Menschen angeborenen 
absolut und objectiv Guten ab, ebenso die Annahme unser sitt- 
liches und rechtliches Bewusstsein sei ein untrüglicher Maassstab 
für Gut und Schlecht, Recht und Unrecht, er wolle erst aus den 
Erscheinungsformen des etkischen und rechtlichen Bewusstseins 
der Menschheit in den Sitten aller Völker erkennen, was gut und 
recht sei und auf diese Weise bestimmen, welche Bewandniss es 
mit unserem eigenen sittlichen Bewusstsein habe. — Diese Auf- 
gabe, welche sich Post stellt, übersteige menschliche Kräfte. 
Ueberdies zeige sich die Unausführbarkeit des Programms, allen 
theoretischen Vorsätzen zum Trotze spielten nämlich die perhor- 
rescirten aprioristischen Vorstellungen hinein und beeinflussen die 
*%) Wir machen darauf aufmerksam, dass hier die „primären und 
erprobten Erhaltungsbedingungen jedes gesellschaftl. Verbandes* als Re- 
sultate einer Entwickelung u. zw. einer vieltausendjährigen Entwickelung 
dargestellt werden. Dies stimmt mit unserer eigenen Ansicht. Unser Wunsch 
ist es zu zeigen, was vor und während dieser Entwickelung war.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.