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gelangt ist, führt aus dem bereits angegebenen Grunde zu keinem
befriedigenden Ergebniss. Es stellen sich bei genauerer Prüfung
Widersprüche heraus, deren Beseitigung eine geradezu unüber-
windliche Aufgabe zu sein scheint. Insbesondere die Vermögens-
gemeinschaft der Urzeit ist um so zweifelhafter, als nach PosT’s
eigener Lehre ein Sachenrecht in unserem Sinn der Urzeit fremd
war!”). Dieselbe kenne vielmehr bloss einen factischen Besitz
an einem wirthschaftlichen Gute. Dieser Besitz sei Collektiv-
besitz des Geschlechtes gewesen, die Störung des Besitzstandes
habe eventuell sogar zu Friedloslegung und Blutrache geführt.
Das Sachenrecht der Genossenschaft aber sei erst mit dem Staate
entstanden. Das Verhältniss der Jägerstämme zu ihren Gebieten
wird — ganz richtig — dem des Staates zu seinem Territorium
gleichgestellt 1%), auch das Eigenthum an Mobilien — wie das
römische und deutsche Recht es kennen, sei der Urzeit fremd,
diese habe vielmehr nur geschützten Besitz anerkannt und auch
diesen nur in beschränktem Maasse !?).
Abgesehen davon, dass diese Unterscheidung nicht hinläng-
lich begründet ist und von dem Begriff des Eigenthums aus-
gegangen werden müsste, um zu constatiren, ob in dieser Urzeit
Eigenthum war oder nicht, finden sich in Post’s Arbeiten zahl-
reiche, mit der obigen Darstellung in Widerspruch stehende
Stellen. So wird z. B. gelehrt, es erbe in der Urzeit nur eine
Person, der Häuptling, und dieser erbe zugleich Würde und
Gut, daher die Erbfolgeordnung in das Vermögen und in die
Häuptlingswürde ursprünglich dieselbe sei?®). Es gebe primitive
Genossenschaften, in welchen das Häuptlingthum zu einer despo-
tischen Gewalt entwickelt sei, welche sich sogar zu einem Recht
über Leben und Gut der Genossen steigert ?'). In der früheren
Schrift „über den Ursprung des Rechts“ heisst es, der Häupt-
ling der primitiven Genossenschaft , könne die Blutsfreunde ver-
kaufen und verpfänden, er habe auch das ganze Vermögen der
Genossenschaft in seiner Hand.
Diese Angaben sind mit dem Mangel eines Eigenthums-
17) Grundlagen $ 386. °) Grundlagen 331. '%) 1. c. 328.
2) Bausteine II 47. ®) a. a. O. 21.
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