Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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deren die Schutzgebiete selbst die Eigenschaft einer juristischen 
Person erwerben könnten. Die Einnahmen aus den Kronschutz- 
gebieten sind daher ebenfalls nach Art. 69 der Reichsverfassung 
auf den Reichshaushaltsetat zu bringen, so dass Bundesrath und 
Reichstag über die Verwendung der Einnahmen beschliessen. Der 
Reichskanzler hat über die Verwendung dieser wie aller anderen 
Einnahmen des Reiches dem Bundesrathe und dem Reichstage 
zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen. Weitergehende Rechte 
stehen dagegen dem Bundesrathe und dem Reichstage nicht zu. 
Dieselben haben insbesondere keine Befugniss, eine Vermehrung 
oder Verminderung der Einnahmen aus den Schutzgebieten im 
Vergleiche zum Vorjahre zu verhindern oder herbeizuführen. 
Hiermit in Verbindung steht die Frage des Besteuerungs- 
rechtes über die Schutzgebiete, die bei der deutschen kolonialen 
Entwicklung bisher noch nicht zur Erörterung gelangt, aber, wie 
das Beispiel Englands zeigt, von der schwerwiegendsten Bedeu- 
tung ist. Das englische Staatsrecht geht grundsätzlich davon 
aus, dass eine Besteuerung lediglich in den Formen der ordent- 
lichen Gesetzgebung erfolgen kann??). Dieser Grundsatz ist für 
die Kolonien in äusserster Folgerichtigkeit bis in die kleinsten 
Einzelheiten durchgebildet. Aus der obersten Gesetzgebung des 
Parlamentes über sämmtliche britische Kolonien wird daher ein 
Recht der Besteuerung derselben durch das Parlament gefolgert. 
Für die Kolonien mit Repräsentativverfassung war jedoch die 
Besteuerung der nordamerikanischen Besitzungen durch die sog. 
Stamp Act, welche den Abfall Nordamerikas zur Folge hatte, der 
letzte ernstliche Versuch einer Parlamentsbesteuerung. Durch die 
sog. Declaratory Act, 18 Geo. III c. 12, verzichtete das Parla- 
ment bezüglich der Besitzungen in Nordamerika und Westindien 
ausdrücklich auf jegliches Besteuerungsrecht ausser zur Regelung 
des Handels. In den Kolonien mit Repräsentativverfassungen 
richtet sich das Besteuerungsrecht nach diesen, kann also in der 
Regel nur ausgeübt werden im Wege der kolonialen Gesetzgebung. 
Doweit die Kolonien eine Repräsentativverfassung nicht besitzen, 
ist zu unterscheiden zwischen den durch Eroberung und Ab- 
»8) Vgl. Gneist, Das englische Verwaltungsrecht der Gegenwart. 3. Aufl. 
Berlin 1884, Bd. 2, S. 724 ff., und Gneist, Gesetz und Budget, konstitutionelle 
Streitfragen, Berlin 1879.
	        
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