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er Rechtsinstitute wie „die primitive Vermögensgemeinschaft“
(abgesehen von der Frage, ob sie thatsächlich bestanden hat),
den Frauenraub, die Blutrache als nicht geeignet für die universal-
geschichtliche Behandlung auf ethnologischer Basis bezeichnet
und fortfährt: „Die Völker bieten eben auch in Ansehung des
Rechtslebens nicht das öde Bild einer Tautologie, die nur
durch chronologische Differenzen der Entwickelungsphasen durch-
brochen wird. Wer das ausdrücklich oder in Praemissen behauptet,
der thut der Wirklichkeit Gewalt an.“ — Ob bei allen diesen
Institutionen, z. B. beim Frauenraub die ganze Menschheit über-
einstimmende Entwickelungen aufweist, oder nur Theile der Mensch-
heit, wie die indoeuropäische Rasse, mag hier dahingestellt
bleiben, da es für den Werth der betreffenden Untersuchungen
nicht ausschlaggebend ist. Dass aber hier Gesetze obwalten, ist
als nachgewiesen anzusehen, ohne diese wäre eine, streng an
die Quellen anschliessende Classificirung der Entwickelungsstufen
des Frauenraubes unmöglich gewesen ?®). Die vorhandene Gleich-
mässigkeit ist hier ebensowenig öde Tautologie, als in irgend
einem anderen Falle natürlicher Gesetzmässigkeit. So sind bei-
spielsweise Wachsthum, Ernährung und Vermehrung der Pflanzen,
ihre innere Structur u. s. w. zahlreichen, theilweise bereits
erforschten Gesetzen unterworfen , trotzdem zeigt sich aber im
Einzelnen unendliche Mannigfaltigkeit. Im socialen Leben giebt es
mehr Complicationen, daher noch weitergehende Differenzirung.
Je primitiver die Zustände desto gleichmässiger bei allen Völkern,
analog der Erscheinung, dass sich die Samenkörner mehr gleichen
als die fertigen Pflanzen, die Eier mehr als die Vögel, die Embryonen
mehr als die entwickelten Thiere u. s. w. Auch die von STOERK
als conträre Instanz angeführte Entwickelung der Kunst bildet
hievon keine Ausnahme. In der Kunst der Naturvölker, soweit
sie bereits erforscht ist, zeigen sich erstaunlich gleichmässige
Grundzüge, das primitive Linienornament von bloss durch Aus-
grabungen bekannten, vorhistorischen, und das. von jetzigen neu-
WILkEN De vrucht van de beoefening der ethnologie voor de vergelijkende
rechtswetenschap Leiden E. I. Brill 1885, Post Einleitung in das Studium
der ethnologischen Jurisprudenz Oldenburg 1886.
3) Darcun Mutterrecht und Raubehe 8. 92—110,