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einander, ohne Einheit in den Gedanken, und sind bis jetzt eine formlose
Anhäufung von Gesetzen gewesen, die sehr verschiedene und sogar oft kontra-
diktorische Ideen ausdrückten. In ihrem Wirrwar hatten die Vorsteher unserer
Landgemeinden viel Mühe die Gründe einer Entscheidung und eine feste Norm
zu finden. Der Gesetzgeber von 1884 hat es sich vor allem zur Aufgabe gesetzt
diesen Organen der communalen Verwaltung behülflich zu sein, indem er in
einem einzigen systematisch geordneten Gesetze den vorhandenen zerstreuten,
von der Vergangenheit überlieferten Stoff zusammenstellte. In Folge dessen
ist das Gesetz vom 5. April weit eher eine Codificationsarbeit, als eine
neue Gesetzgebung zu nennen; seine Verfasser haben jedoch die Noth-
wendigkeit verstanden, und die Gelegenheit ergriffen das Gesetz mit den
Ideen, die zur Zeit in der öffentlichen Meinung und in unseren parla-
mentarischen Versammlungen vorherrschen, in Einklang zu bringen, indem
sie die Unabhängigkeit der Gemeinde und ihrer erwählten Vertreter einer-
seits der Centralgewalt der Verwaltung, andererseits den kirchlichen Behörden
gegenüber ausgedehnt haben.
Wir glauben der orientirenden Aufgabe des Archivs zu entsprechen,
wenn wir in einer kurzen Skizze die Verfassung, in welche die französischen
Gemeinden durch dieses neue Gesetz gebracht worden sind, darstellen.
Das Gesetz vom 5. April 1884, das im „Journal officiel“ des folgenden
Tages verkündigt worden ist, hat 168 Artikel und wird in sieben Titel
eingetheilt.
I. — Der erste den „Communes“ gewidmete Titel (art. 1—9) bestimmt
die entweder an den Namen der Gemeinden, oder im Umfang ihrer Gemarkungs-
grenzen vorgenommenen Abänderungen; es dürfte daher überflüssig erscheinen
hier bei diesen Normen streng localer Bedeutung länger zu verweilen.
II. — Im Titel H, der ziemlich lange Erörterungen verlangt, wird von
den „Conseils municipaux“ gehandelt (art. 9—72). Wir wollen nach einander
ihre Organisation, ihre Thätigkeit und ihren Wirkungskreis betrachten.
a. Organisation der „Conseils municipaux“. — An die Spitze jeder
Gemeinde ist eine berathende Versammlung gestellt, die über die gemein-
schaftlichen Angelegenheiten der Einwohner zu wachen beauftragt ist: es ist
der „Oonseil municipal*. Die Zahl der Mitglieder, aus denen sie besteht, ist
wechselnd; sie ist, nach dem Ergebnisse der unmittelbar vor der Wahl
stattfindenden offiziellen Bevölkerungszählung festgestellt, und auf der folgen-
den Grundlage bestimmt. Der Conseil besteht aus:
einander proklamirt worden sind, müssen hier Erwähnung finden: in der
epoque intermediaire (von 1789—1804), das Gesetz vom 22. Dez.—8. Jan. 1790,
die Constitution vom 5. fructidor des Jahres III, das Gesetz vom 28. pluviose
des Jahres VIIL. — Unter der Monarchie: die Gesetze vom 21. März 1831
und vom 18. Juli 1837. — Unter der Regierung der zweiten Republik, das
Gesetz vom 8. Juli 1848. — Unter der Regierung Napoleons III. die Gesetze
vom 5. Mai 1855, vom 24. Juli 1867 und vom 22. Juli 1870. — Endlich
unter der jetzigen Regierung, diejenigen vom 14. April 1871, vom 20. Jan. 1874
vom 7. Juli desselben Jahres und vom 12, August 1876.