Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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tretung einerseits und andererseits den durch Besitzergreifung 
erworbenen Gebieten. Bezüglich der durch Eroberung und Ab- 
tretung erworbenen Kolonien wird aus völkerrechtlichen Grund- 
sätzen und aus dem Rechte des Königs, das Reich zu vertreten, 
ein Recht der Gesetzgebung und Besteuerung durch den König 
gefolgert. Es ist dies z. B. anerkannt, als das königliche Be- 
steuerungsrecht über die westindische Insel Grenada im Jahre 
1774 bestritten war, durch das berühmte Urtheil des King’s Bench 
in Sachen Campell v. Hall??). Bei dieser Gelegenheit wird der 
Grundsatz ausgesprochen: „No question was ever started before 
but that the king has a right to a legislative authority over a 
conquered country: it was never denied in Westminster Hall, it 
was never questioned in Parliament“ *°). Andererseits ist für die 
durch Besitzergreifung erworbenen Kolonien anerkannt: „In oc- 
cupancy colonies the Crown cannot by virtue of its prerogative, 
either legislate or impose taxes* *!). In diesen Gebieten ist da- 
her eine Besteuerung nur im Wege der Parlamentsgesetzgebung 
möglich. 
Diese etwas verwickelten Verhältnisse vereinfachen sich in 
dem deutschen Kolonialstaatsrechte in hohem Masse. Zunächst 
ıst eine Besteuerung der deutschen Schutzgebiete im Wege der 
Reichsgesetzgebung verfassungsmässig unzulässig. Der Kaiser 
würde nicht verpflichtet sein, ein diesbezügliches von Bundesrath 
und Reichstag angenommenes Gesetz zu publiciren. Denn die 
gesetzgebenden Organe des Reichs sind nur innerhalb des Bun- 
desgebiets berufen, das Recht der Gesetzgebung auszuüben. 
Anordnungen über die Besteuerung der Bewohner der Schutz- 
gebiete würden aber lediglich für diese, nicht für das Reichs- 
gebiet ergehen und auf letzteres keinerlei rechtliche Wirkungen 
ausüben. Dass die Reichseinnahmen dadurch vermehrt oder ver- 
mindert werden können, ist eine thatsächliche, aber keine recht- 
liche Folge derartiger Anordnungen. 
Aus der Souveränetät des Kaisers über die Schutzgebiete er- 
gibt sich vielmehr die unbeschränkte Finanzhoheit, insbesondere 
das unbeschränkte Besteuerungsrecht desselben. Dieses Recht 
9%) Creasy, Imperial and colonial constitutions etc. S. 163 ft. 
0) A. a. 0.8. 168. 
*)A.2.0.8. 69. 
Archiv für öffentliches Recht. IL 1. 4
	        
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