Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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Verhandlung vor dem Bundesamte geltend gemacht, der Vorderrichter gehe 
insofern von einer irrigen Auslegung des $ 13 im Reichsgesetze vom 
11. Juni 1870 aus, als er annehme, dass gesetzlich eine Vermuthung dafür 
streite, dass der Aufenthalt durch eine Entfernung habe unterbrochen werden 
sollen!). Eine solche Vermuthung stellt das Gesetz nicht auf; es giebt 
vielmehr im $ 13 nur eine Erläuterung der Bestimmung des $ 10, wonach 
der Unterstützungswohnsitz durch einen ununterbrochenen gewöhnlichen 
Aufenthalt von zwei Jahren erworben wird, indem es gesetzlich feststellt, 
was unter einem „ununterbrochenen“* Aufenthalt von 2 Jahren zu verstehen 
ist. Wenn als Unterbrechung des Aufenthalts eine freiwillige Entfernung 
nicht angesehen werden soll, sofern aus den Umständen, unter welchen sie 
erfolgt, die Absicht erhellt, den Aufenthalt beizubehalten, so spricht eine 
gesetzliche Vermuthung bei freiwilligen Entfernungen weder für noch gegen 
eine dadurch bewirkte Unterbrechung des Aufenthalts; entscheidend bleibt 
lediglich, ob aus den Umständen des einzelnen Falles die Absicht, den 
Aufenthalt beizubehalten, erhellt oder nicht, und diese Beurtheilung unterliegt 
nach allen Seiten der freien Würdigung durch die Spruchbehörde. Dagegen 
erscheint allerdings nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen der 
Kläger verpflichtet, den Beweis zu führen, dass der vom Beklagten bestrittene 
Unterstützungswohnsitz durch einen im Sinne des Gesetzes „ununterbrochenen“ 
zweijährigen gewöhnlichen Aufenthalt erworben ist. Haben also im Laufe 
der zwei Jahre Entfernungen stattgefunden, so muss der Kläger darthun, 
dass die Entfernung unter Umständen erfolgt ist, aus welchen die Absicht, 
den Aufenthalt beizubehalten, hervorgeht. Gelingt ihm dieser Nachweis 
nicht, so bleibt er beweisfällig und muss abgewiesen werden.“ — 
Zu B) ist das in Sachen des Ortsarmenverbandes Unterliederbach, Be- 
klagten und Berufungsklägers wider den Ortsarmenverband Wiesbaden, 
Kläger und Berufungsbeklagten ergangene Urtheil vom 3. April 1886 
von Bedeutung. Dasselbe lautet: 
„Die Entscheidung des Rechtsstreites hängt lediglich davon ab, ob 
durch die Rückkehr der Unterstützten, Wittwe W., nach Uhterliederbach 
im Dezember 1882 der Lauf der mit dem September 1881 begonnenen Ab- 
wesenheitsfrist unterbrochen wurde, und ob die Wittwe W. sonach beim 
Beginn ihrer Unterstützung durch den klagenden Ortsarmenverband am 
8. Februar 1884 den Unterstützungswohnsitz in Unterliederbach noch besass. 
Der erste Richter geht bei der Beurtheilung dieser Frage von der Ansicht 
aus, dass die Rückkehr eines Hilfsbedürftigen regelmässig die Abwesen- 
!) Diese Auffassung wird besonders in der Literatur vertreten von 
Eger, Komment., S. 65. RocHoLL, Deutsch. Armenpflegerecht, S. 88. — 
(Vgl. auch Entsch. des Bundesamts, VI. 8). — Auch Seyper in Hirth’s 
Annalen 1877, 8. 578 sagt: In keinem Falle wird er (nämlich der Wille 
der Rückkehr) vermuthet; es gilt also die Entfernung als Unterbrechung 
des Aufenthalts, wenn die Absicht der Rückkehr nicht ausser Zweifel 
gestellt wird.
	        
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