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Deutschem Boden ein mit möglichst umfassender Lehrcompetenz ausge-
stattetes Institut herzustellen. Wie aus den Berichten hervorgeht, ist es
den Mitgliedern des Stiftsrathes im vollen Maasse gelungen, dieser nahe
gelegenen Verlockung zu widerstehen und dadurch ein im Aufbau und in
seiner Wirksamkeit durchaus selbstständiges Institut mit scharf ausgeprägtem,
individuellem Charakter zu schaffen.
Dabei ist das Arbeitsfeld des prunklos waltenden Instituts keineswegs
schmal begrenzt; in seinem alljährlich neu aufgestellten Progamme von Vor-
lesungen werden nach Möglichkeit verschiedene Zweige der Staatsverwaltung
und der Staatswissenschaft, und in Vortragseyklen einzelne knapp und klar
abgegrenzte Disciplinen in zusammenhängenden Vorträgen vor einem sich
dafür speciell interessirenden Publikum in eingehenderer Weise erörtert.
Die 6 Vorträge des letzten Winters wurden zusammen von 2505 Personen
besucht, während die drei Vortragscyklen 247 Frequentanten aufweisen. Ein
reich dotirtes Lesezimmer, in welchem über 60 staatsrechtliche und staats-
wissenschaftliche etc. Zeitschriften zur unmittelbaren Benutzung aufliegen,
sowie eine mit tiefer Sachkenntniss angelegte, im Bestande ihrer systematisch
geordneten Fächer möglichst gleichmässig gepflegte Bibliothek bilden den
werthvollen wissenschaftlichen Hülfgapparat der Belehrungsanstalt, von deren
reichem und verdienstvollem Wirken die vorliegenden Berichte ein erfreu-
liches Bild geben. Stoerk.
H. Schulze, Geh. Rath und Professor in Heidelberg. Robert v. Mohl.
Ein Erinnerungsblatt. Heidelberg. C. Winter. 1886. VI. und
100 S.S.
Die Zahl der biographischen Arbeiten, die sich der mühevollen Aufgabe
unterziehen das Werden und Wirken deutscher Rechtslehrer in sicheren
Zügen der Nachwelt vor Augen zu stellen, ist zu gering, um die vorliegende
nicht doppelt freudig zu begrüssen. Getragen von der feinen, dem Charakter
des zu behandelnden Stoffes meisterhaft sich anpassenden Diction des Verfassers
ist das zur 500 jährigen Jubelfeier Heidelbergs dargebrachte Erinnerungs-
blatt ein von sachkundigster Hand errichtetes pietätvolles Denkmal für
R. v. Mont, dessen Werdegang als akademischer Lehrer, als Schriftsteller,
als Staatsmann und Diplomat hier klar und lehrreich vor uns aufgerollt wird.
Die Schilderung aller Entwicklungsphasen des grossen Meisters der deutschen
Staatsrechtswissenschaft giebt dem Verf. zugleich den günstigen Anlass uns
an der Hand eines Menschenleben und seines reichen Inhalts auch die Schick-
sale der Wissenschaft und des Staates selbst aufzuzeigen, in deren Dienste
jener durch mehr als 50 Jahre gestanden hat. Indem Verf. in allen Theilen
seiner fesselnden Untersuchung plastisch den Antheil aufweist, der R. v. MonL
zukam an der Umbildung und Durchbildung des Deutschen Reichsgedankens
wird die mit einem Bildniss des ehemaligen Heidelberger Staatsrechtslehrers
ausgestattete .biographische Arbeit zugleich zu einem werthvollen Beitrag zur
Erkenntniss einer reichbewegten Zeit des deutschen Staatenlebens.
St.