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überhaupt innerhalb der Vereinigten Staaten die Sklaverei nur
Kraft einer Partikular- bezw. Munizipal-, nie aber eines Unions-
gesetzcs eingeführt werden kann. Der Standpunkt der Sklaven-
staaten, der vornehmlich wieder durch CarHoun seine Vertretung
fand, lässt sich dem gegenüber in folgende Sätze zusammen-
fassen: Auch ın Territorien, in denen die Sklaverei an sich nicht
besteht, kann dieselbe unter der Konstitution Geltung erlangen,
weil der Zuzug in die Territorien allen Vereinigten-Staaten-Bürgern
gestattet sein muss, ohne einen Verlust ihrer Rechte zu erleiden;
zu diesen Rechten gehört aber, soweit die südstaatlichen Bürger
in Betracht kommen, die Befugniss, Sklaven zu halten, und
weiter: die Territorien müssen berechtigt sein, bezüglich aller
solcher Angelegenheiten, die nach der Konstitution von 1789
nicht unmittelbar durch die Bundesregierung zu ordnen sind,
sondern der Partikulargesetzgebung unterliegen, nach dem
ganzen Geiste der amerikanischen Staatsverfassung überhaupt
ihre Verhältnisse selbständig zu regeln, also auch die Sklaverei
bei sich einzuführen. Dieses letztere hat man die Lehre von
der „Squattersouveränetät“?) genannt, eine Lehre, deren praktische
Folgen, wie sogleich zu zeigen sein wird, sich sehr bedenklich
gestalten müssen.
v. Horst erklärt im wesentlichen die Ausführungen der Anti-
sklavereipartei für zutreffend und verwirft demgemäss die Be-
rechtigung der entgegenstehenden Ansicht; allein so ohne weiteres
wird sich die Sache nicht entscheiden lassen; auch dem Gedanken-
gange der Sklavenhalter kann der vorurtheilsfreie Kritiker wenig-
stens nicht jede formale Begründung absprechen: das Staatsrecht
der Union führte eben, solange die Sklaverei nicht schlechthin
verboten oder schlechthin erlaubt war, zu einander widersprechen-
den Schlüssen, deren Beseitigung nun und nimmermehr durch
juristische Auslegung zu erwarten stand.
Was die weitere geschichtliche Entwickelung anbetrifft, so
kamen die Wünsche der Antisklavereipartei zum Ausdrucke zu-
nächst in dem sogen. „Wıumor-Proviso*. WILMoT war ein penn-
sylvanischer Politiker demokratischer Richtung, der ehemals für
die Annexion von Texas, d. h. mittelbar für die Vergrösserung
2) Unter „Squatter“ versteht man im allgemeinen jemanden, der ohne
besondern Rechtstitel die Nutzung bisher unkultivirten Landes usurpirt.