Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

unerhörtesten und willkürlichsten Rechtszustände schuf, knüpften 
sich dann im Kongresse Vorgänge, die man geradezu als politische 
Komödie zu bezeichnen hat. Die Partei der Sklavenhalter wünschte 
durch Resolution der beiden Häuser die „Finalität* des Kom- 
promisses, d. h. festgestellt zu sehen, dass nunmehr durch die 
erwähnten Gesetze die streitige Frage einen endgültigen Abschluss 
gefunden habe und jede weitere Verhandlung derselben über- 
flüssig oder geradezu staatsgefährlich sei. Das Ganze erinnert 
etwas an die Knebelresolutionen; denn dass es unmöglich war, 
durch derartige Massnahmen, wie harmlose Politiker vielleicht 
glauben konnten, der Frage ihre tiefgehende Bedeutung zu 
nehmen oder gar sie einfach zu beseitigen, ist selbstverständlich; 
und in der That sollte — nach dem geheimsten Gedankengange 
der leitenden Geister — das Ganze nur dazu dienen, weitere Ge- 
setze zu Gunsten der Sklaverei zu ermöglichen; darüber wurde 
man sehr bald nach den Finalitätsanträgen belehrt bei den Ver- 
handlungen über die Kansas-Nebraska-Bill. Bei derselben handelte 
es sich um das Territorium westlich von Missouri und lowa 
bis Utah und Oregon, dessen Südgrenze nördlich von der durch 
das, Missourikompromiss festgestellten Linie von 36° 30° n. Br. 
gelegen war und das man ursprünglich beabsichtigt hatte unter 
dem Namen Nebraska als einheitliches Ganze zu organisiren. 
Dieser Plan wurde nunmehr geändert, und man nahm, um der 
Sklavokratie die Erreichung ihrer Ziele zu ermöglichen, seine 
Zuflucht zu verfassungsrechtlichen Doktrinen, welche an Spitz- 
findigkeit nichts zu wünschen übrig liessen. Der wesentlichste Punkt 
lag in der Behauptung, dass durch das Kompromiss von 1850 
das Missouri-Compromiss gänzlich aufgehoben sei, zwar nicht un- 
mittelbar und ausdrücklich, so doch zunächst insofern, als das 
Missouri-Kompromiss sich überhaupt nur auf die seiner Zeit von 
Frankreich abgetretenen Ländereien, nicht aber auch auf das 
jetzt in Frage stehende Gebiet bezogen habe; und sodann auch 
insofern, als durch die im Jahre 1850 aufgestellten Grundsätze 
die Lehre von der Squattersouveränetät oder, wie man sich jetzt 
geschmackvoller ausdrückte, der Nichtintervention, und zwar ein- 
für allemal, als massgebend bei der Organisation von Territorien 
und damit festgestellt sei, dass die Bevölkerung neuer Territorien 
— auch solcher, welche nördlich von 36° 30° n. Br. liegen — 
mit Bezug auf die Einführung der Sklaverei schlechterdings freie
	        
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