Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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ward mit Hilfe der Oligarchenpartei zur Kaiserin erhoben. Aber 
nach der Thronbesteigung machte sie der Oligarchenpartei den 
endgültigen Garaus und bestätigte wieder das Petrinische Thron- 
folgegesetz ganz ausdrücklich. Kurz vor ihrem Tode ernannte 
sie zu ihrem Nachfolger den Sohn ihrer Schwestertochter, einen 
Prinzen von Braunschweig-Lüneburg, ein nur wenige Monate 
altes Kind, das wieder sofort durch einen gewaltsamen Thron- 
wechsel beseitigt wurde. Den Thron bestieg alsdann 1741 die 
zweite Tochter Prrers v. Gr., die Kaiserin ELisAzere; sie grün- 
det in den Thronbesteigungsmanifesten ihr Thronrecht auf die 
Wohlfahrt und Sicherheit des Reiches, angesichts der Gefahren, 
die denselben seitens der permanent gewordenen Regentschafts- 
regierung drohten; ferner auf den Willen der Unterthanen, die 
Vermächtnissverfügung der Mutter (der Kaiserin KarnHarına ].) 
und auf die nächste Blutsverwandtschaft mit dem Vater (d. h. 
Perer v. Gr... Ausser ErisagetH existirte freilich noch ein 
naher und sogar näherer Thronerbe, als sie es war, nämlich der 
Schwestersohn der neuen Kaiserin — der Prinz Prrer von Hol- 
stein-Gottorp und nachmalige Kaiser Prrer Ill., welcher damals 
10 Jahr alt war. Der Thronwechsel zu Gunsten der Kaiserin 
ELisaBeTH war von grösster und segensreichster Bedeutung für 
das Reich. Und diese politische Rechtfertigung schützt die Kai- 
serin am besten vor dem Urtheil der Geschichte. Juristisch 
stichhatlig war natürlich weder die Berufung der Kaiserin ın 
ihrem Manifest auf die nächste Blutsverwandtschaft, noch auf 
dar testamentarische Erbrecht. Diese Mängel mochten auch sehr 
wohl gefühlt worden sein, da die Existenz des Prinzen Prrer 
genügend bekannt war und diesem Erben der Dynastie bluts- 
verwandtschaftlich und testamentarisch unzweifelhaft das nächste 
Recht auf den Thron zustand. Es war also nothwendigerweise 
geboten, politische und naturrechtliche Gründe für die thatsäch- 
lich vollzogene Thronbesteigung in den Vordergrund zu stellen. 
Eine solche Rechtfertigung war dieses Mal practisch nicht schwie-
	        
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