Zur Lehre vom öffentlichrechtlichen Vertrage.
Von
Prof. Dr. Orro Mayer in Strassburg i. E.
Soll die Verwaltungsrechtswissenschaft als gleichberechtigte
juristische Disciplin neben die älteren Schwestern treten, so muss
sie ein System von eigenthümlichen Rechtsinstituten der staat-
lichen Verwaltung sein.
Gerade von diesem Standpunkte aus wurde ihr neuerdings
durch die gewichtige Stimme Lasanns !) die Daseinsberechtigung
!) Arch. f. öff. R. II, S. 155 fi. Inzwischen hat Eos. Lönıns einen
Feldzug gegen die ganze „konstruktive Methode‘ eröffnet und sich insbe-
sondere meines Buches über das franz. V.R. bedient, um die Gefahren der-
selben darzuthun (ScHhmoizer’s Jahrb. XI, 2, $. 117 ff. und vorher schon
im Lit. Centr.Bl.). Ich möchte ein paar Punkte daraus hervorheben, nur
weil sie so bezeichnend sind für die wahre Natur dieses Methodenkampfes.
L. beginnt mit der schwierigen Frage der Abgrenzung des Gebietes
der Regierung (gouvernement) von dem der Verwaltung und glaubt hier
alle „‚willkürlichen Konstruktionen“ entbehrlich zu machen durch eine
praktische Lösung: es handelt sich nur darum, durch eine gründliche
Untersuchung der Entscheidungen des Staatsrathes festzustellen, welche
Akte des Staatsoberhauptes derselbe von seiner verwaltungsgerichtlichen
Kompetenz ausschliesst. Nun gibt es aber auch viele Akte des Staatsober-
hauptes, welche dem Gebiete der Verwaltung angehören und über welche
der Staatsrath sich weigert, im contentieux zu erkennen, nämlich alle
decrets administratifs, welche mit freiem Ermessen erlassen werden als
actes de pure administration. Diese werden nach jenem praktischen Merk-