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Das Schlussprotokoll vom 25. Juli 1854 beginnt mit dem Satze:
Die Versammlung hält dafür, dass es in dem Zwecke des
Vertrages liege und dem Interesse der durch dieselben verbun-
denen Staaten entspreche, die Zahl der Heimathlosen so viel als
möglich zu vermindern, insbesondere aber dem Uebergange der
Staatsangehörigen in den Zustand der Heimathlosen vorzubeugen.
Der Vertrag enthält ferner Vorschriften darüber, in wiefern die
Staatsangehörigkeit unselbständiger Familienglieder und der Wittwen
sich nach der Staatsangehörigkeit der Familienhauptperson bezw.
des verstorbenen Ehemannes richtet und bestimmt, dass die Ueber-
nahmepflicht von Ausländern unter den Vertragsstaaten durch Geburt
und Aufenthalt an Stelle der Staatsangehörigkeit begründet wird.
Er ordnet ferner den Transport und Durchtransport und gibt zum
Zwecke der Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten anheim, Streit-
fälle zur schiedsrichterlichen Entscheidung einer dritten deutschen
Regierung zu bringen. Nach Ziff. 9 des Schlussprotokolls vom
25. Juli 1854 ist die Berufung auf schiedsrichterliche Entscheidung
nicht nur bei Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Uebernahme
eines Auszuweisenden, sondern bei allen zwischen den Vereinsstaaten
entstandenen Differenzen über die aus dem Vertrage entspringenden
Rechte und Verbindlichkeiten zulässig.
Nach Ziff. 12 des Schlussprotokolls vom 25. Juli 1854 findet
der Gothaer Vertrag keine Anwendung auf Auslieferungen, welche
zufolge Antrags oder vertragsmässiger Verpflichtung bewirkt werden,
wohl aber wird er nach Ziff. 1 des Schlussprotokolls vom 29. Juli 1858
auf jedes Individuum angewendet, welches aus einem Vereinsstaate
in den anderen aus irgend einem Grunde, also nicht bloss aus dem
Grunde der Hülfsbedürftigkeit, ausgewiesen wird.
Ergänzt wurde der Gothaer Vertrag durch die ebenfalls künd-
bare Eisenacher Uebereinkunft vom 11. Juli 1853. Dieselbe ver-
pflichtet in der Hauptsache die betheiligten Regierungen ohne Anspruch
auf Ersatz an die öffentlichen Kassen des Heimathstaates, dessen er-
krankten Angehörigen Kur und Verpflegung bis dahin zu gewähren,
wo ihre Rückkehr in den zur Uebernahme verpflichteten Staat ohne
Nachtheil für ihre oder Anderer Gesundheit geschehen kann.
So sehr der Inhalt dieser zwischen den Staaten des deutschen
Bundes geschlossenen Abkommen nur auf das Nothdürftigste berechnet
war und hauptsächlich ein Nothheimathrecht für die ausserhalb der
Landesgrenzen befindlichen Unterthanen oder früheren Angehörigen