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der Bundesstaaten schuf, rief ihr Wegfall in der preussischen Ver-
waltungspraxis für das Verhältniss der durch die politischen Ereignisse
des Jahres 1866 zu einem Staatsganzen vereinigten alten und neuen
Landestheile eine merkliche Lücke hervor. In einem, im M.Bl. f. i. V.
veröffentlichten Bescheide vom 27. Juni 1867 erklärte der Minister
des Innern, dass der Eisenacher Vertrag und die Gothaer Ueberein-
kunft insoweit ausser Kraft getreten seien, als sie Vereinbarungen
zwischen der preussischen Regierung und den vormaligen Regierungen
der mit dem preussischen Staate vereinigten Landestheile enthielten;
gleichzeitig lehnte er es ab, die gegenseitige Erstattung der durch
die Pflege fremder Armer erwachsenen Kosten unter sämmtlichen
Armenverbänden des preussischen Staates anzuordnen. Ferner enthält
No. 32 der Deutschen Gemeindezeitung vom 8. August 1868 einen
am 31. Januar 1868 an den Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg
ergangenen Bescheid, in welchem der Minister des Innern nochmals
betont, dass er die ihm vom Oberpräsidenten von Hannover zur Ent-
scheidung vorgelegte Frage nach der Anwendbarkeit der in Rede
stehenden Staatsverträge für das preussische Gebiet verneinen müsse
und sich dann dahin ausspricht „dass demgemäss bis zur Herstellung
einer vollständigen Rechtsgleichheit die zur Entscheidung kommenden
Fragen nach denjenigen Vorschriften zu beurtheilen und zu entscheiden
sein werden, welche, abgesehen von jenen internationalen Vertrags-
bestimmungen, in den altländischen Provinzen in Geltung sind.“
Die gleichzeitig in der D. Gemeindezeitung gegen diesen Bescheid
gerichteten Angriffe gingen dahin: zunächst sei es für den Fall der
Ungültigkeit jener Verträge selbstverständlich, dass Ansprüche der
altländischen preussischen Armenverbände gegen neuländische nur
nach neuländischem Recht und umgekehrt Ansprüche der neuländi-
schen Armenverbände gegen altländische nur nach altländischem
Recht beurtheilt werden könnten; sodann gehörten der Gothaer Ver-
trag und die Eisenacher Uebereinkunft zu den Staatsverträgen, welche
nicht die Hoheitsrechte der Staatsoberhäupter oder der bezüglichen
Staaten als solcher, sondern vielmehr materielle Rechte und Pflichten
derselben, sowie ihrer Körperschaften und Angehörigen beträfen; end-
lich ignorire der Ministerialerlass den $ 11 des Freizügigkeitsgesetzes,
welches ausserdem im $ 7 den Gothaer Vertrag ausdrücklich auf-
rechthalte.
Der erste Einwand lief darauf hinaus, dass im Falle der Ver-
schiedenheit der Rechtsgebiete der Herkunft und des Aufenthaltes