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Das Freizügigkeitsgesetz vom 1. November 1867 macht im
$ 5 das Recht der Gemeinde, einem Bundesangehörigen nach
erfolgtem Anzuge die Fortsetzung des Aufenthalts zu versagen,
von der Voraussetzung abhängig, dass der Betreffende daselbst
noch keinen Unterstützungswohnsitz (Heimathrecht) erworben
habe. In dieser Beziehung soll es nach der Entstehungsgeschichte
und der Bestimmung im $ 11, Abs. 2 des Gesetzes ceiteit. bei
den landesgesetzlichen Bestimmungen insbesondere auch da sein
Bewenden behalten, wo durch den eine bestimmte Zeit hindurch
fortgesetzten Aufenthalt der Unterstützungswohnsitz erworben
wird. Diese Voraussetzung traf in Preussen bayrischen Unter-
thanen gegenüber schon unter der Herrschaft des preussischen
Armengesetzes vom 30. December 1842 in sofern zu, als danach
Ausländer durch Aufenthalt im Inlande einen Unterstützungs-
wohnsitz erwarben. (Min.Erl. v. 16. November 1846, M.Bl.
1847, S. 6 und 28. August 1861, M.Bl. 1861, S. 255.) Der
gleiche Rechtszustand besteht auch gegenwärtig fort, da nach
dem preussischen Ausführungsgesetze vom 8. März 1871 ($ 64)
Ausländer den Inländern in Bezug auf Erwerb und Verlust des
Unterstützungswohnsitzes völlig gleich gestellt worden sind (Ent-
scheidungen des Bundesamtes für das Heimathwesen Bd. 8,
S. 140—143). Daraus folgt, dass gemäss $ 5 Fr.G. bayrische
Unterthanen aus Preussen nicht mehr ausgewiesen werden können,
wenn dieselben in einem inländischen Ortsarmenverbande zwei
Jahre lang ($ 10 des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz
vom 6. Juni 1870) ihren ununterbrochenen, unterstützungsfreien
Aufenthalt gehabt haben. Ein solches Recht lässt sich gegen-
über bayrischen Staatsangehörigen auch aus den in dem Schluss-
protokolle über den Abschluss eines Verfassungsbündnisses mit
Bayern (Bundesges.Bl. S. 23) vorbehaltenen Gothaer Vertrage
vom 15. Juli 1851 nicht herleiten, da dieser Vertrag gemäss
$ 7 Fr.G. nur bestimmt sein soll, das Verfahren in denjenigen
Fällen zu regeln, in welchem der Bundesangehörige noch keinen
Unterstützungswohnsitz (Heimathrecht) erworben hat und des-
halb ausgewiesen werden kann.
Ebensowenig kann für die Entscheidung der Sache der Um-
stand in Betracht kommen, dass der Erwerb des Heimathrechts
in Bayern anderen Bundesangehörigen gegenüber an erschwerende
Bedingungen geknüpft und dadurch unter Umständen in der