Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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betreffend die Einführung norddeutscher Bundesgesetze in Bayern, 
lautet: 
Von Zusätzen zu dem Gesetze über die Freizügigkeit vom 
1. November 1867 ist abgesehen worden, weil es nicht für 
zweifelhaft erachtet werden konnte, dass der $ 7 des bezeichneten 
Gesetzes unerachtet des $ 1 des Gesetzes über den Unterstützungs- 
wohnsitz vom 6. Juni 1870 für diejenigen deutschen Staaten, in 
welchen das letzte Gesetz nicht gilt, sowohl in den Beziehungen 
zu einander, als zu dem Geltungsbereiche des erwähnten Gesetzes 
in Kraft geblieben ist !°). 
Die Mängel dieser Motivirung sind schon der gewählten Zeit- 
formen halber augenfällig. Es wird hier von einer Geltung des 
U.W.G. zu einer Zeit gesprochen, in der dasselbe überhaupt noch 
nicht in Wirksamkeit getreten war. Ferner wird, ohne das beson- 
dere Verhältniss Bayerns zu den übrigen deutschen Staaten zu berück- 
sichtigen, nur der Gegensatz solcher Staaten zu einander betont, in 
welchen der $ 7 Fr.G. damals bereits in Geltung war. Art. 3, Abs. 3 
der Verfassung des Norddeutschen Bundes hatte die Geltung des 
Gothaer Vertrages und der Eisenacher Uebereinkunft „bis auf Weiteres“ 
aufrecht erhalten und dadurch diese Verträge der Kündigungsbefugniss 
der Einzelstaaten entrückt. Demzufolge hatte für die Staaten des 
Norddeutschen Bundes die Modification jener Verträge durch das 
Fr.G. nur die Bedeutung eines im Einklange mit der verfassungs- 
rechtlichen Norm stehenden Interimisticums, welches die interterri- 
torialen armenrechtlichen Beziehungen dieser Staaten bis zur definitiven 
Regelung durch die Bundesgesetzgebung zu ordnen suchte. Unter 
denselben Gesichtspunkt hatte die Einführung des Fr.G. in Württem- 
berg und Baden das Verhältniss dieser Staaten zu einander und zu 
den Staaten des Nordeutschen Bundes gerückt, da Art. 3, Abs. 8 
der Norddeutschen Bundesverfassung auch in die mit diesen Staaten 
geschlossenen Verfassungsverträge aufgenommen war. Grundsätzlich 
m 10. 
1887. S. 358, Anm. 1 wäre die Ansicht des Preussischen Ministers des 
Innern aus der Entstehungsgeschichte des Fr.G. zu rechtfertigen. Wenn 
aber Gesetzesmotive und Kammerverhandlungen entscheidend sein sollen, 
müsste folgerichtiger auf die Entstehungsgeschichte des Reichsgesetzes Ge- 
wicht gelegt werden, welches das Fr.G. in Bayern einführte. 
10) Stenographische Berichte I. Legislatur- Periode, 1. Session 1871, 
Bd. 3, S. 68.
	        
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