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Entschädigungen“ für die Reichstagsmitglieder, beantragte Abg. Grunm-
BRECHT (stenogr. Ber., Schlussberathung S. 711) den Zusatz: „(die
Mitglieder des Reichstags) sind aber, falls sie im Dienste eines der
Bundesstaaten stehn, nicht verpflichtet, die durch die Versehung ihres
Dienstes während der Sitzungen des Reichstages entstehenden Kosten
zu tragen‘. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt ''),. Gegen die
Anträge hatte sich Graf Bismarck von dem der Wählbarkeit des Be-
amten principiell widerstrebenden Standpunkt der verbündeten Regie-
rungen aus (vgl. oben Anm. 4) mit Entschiedenheit geäussert. Aus
der Thatsache der Ablehnung derselben haben einige Schriftsteller
(HıerseMmEnzeL, die Verfassung des norddeutschen Bundes, Bd. I zu
Art. 21/22 V.U. S. 84, Tuunichum, Verfassungsrecht des norddeutschen
Bundes S. 154 ff., Auerbach, das neue deutsche Reich 8. 112,
Anm. I zu Art. 21) mit Unrecht in das Reichsrecht die Verpflichtung
der Beamten zur Tragung der Stellvertretungskosten hineininterpretirt.
Die herrschende Meinung hält diese Frage für eine der Gesetzgebung
des Reiches oder der Einzelstaaten offengelassene (S. 172, Anm. 19).
(v. Marrırz, Betrachtungen über die Verfassung des norddeutschen
Bundes 8. 82, A. 77, Monr, das deutsche Reichstaatsrecht S. 352 mit
A. 1, G. Meyer, Grundzüge des norddeutschen Bundesrechtes S. 100
mit A. 2, Lapann, das Staatsrecht des deutschen Reiches I, S. 551,
A. 2, v. Rönne, das Verfassungsrecht des deutschen Reiches S. 165,
Anm. c. u. A. m.; vgl. noch SevveL, Commentar zur Verfassungs-
urkunde für das deutsche Reich S. 145 und dazu unten $. 169 und 171,
A. 18). So hat auch für die zum Reichstage gewählten preussischen
Landesbeamten, welche aus Staatsfonds besoldet werden, ein Staats-
ministerialbeschluss vom 4. October 1867 (Justiz-Ministerialblatt
für die preuss. Gesetzgebung und Rechtspflege 1867, S. 359) unter
Aufhebung des früheren Staatsministerialbeschlusses (vom 19. Febr.
1867 — Justiz-Min.-Bl., a.a. O. S. 86 —), welcher für die Beamten
Gehaltsabzüge wegen der Stellvertretungskosten einführte, diese Kosten
„bis auf Weiteres“ (d. b. wohl beim vorläufigen Mangel eines preus-
sischen Gesetzes) auf die Staatskasse überwälzt. Den gleichen
Grundsatz verfolgt die bayrische Regierung für ihre Beamten.
(BrockHAaus in HoLtzEenporrr’s Rechtslexikon [3. Aufl.] III. Art. „Stell-
'1) Gleichwohl hat schon der preussische Staatsministerialbeschluss
v. 4. October 1867 den Standpunkt des GRUMBRECHT’schen Antrags einge-
nommen (s. diese Seite a. E. und S. 171 mit Anm. 18).