Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

— 14 — 
Eugene Borel, Etude sur la Souverainete et l’Etat federatif. 
(These presentee & la faculte de droit de Geneve pour obtenir 
le grade de docteur.) Bern 1886. 216 S. 8°, 
Der Verfasser geht von der Wahrnehmung aus, dass, während 
die Natur des Deutschen Reiches und das Rechtsverhältniss des Reiches 
zu den Gliedstaaten zum Gegenstand zahlreicher und eindringender 
wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht worden sind, auf dem 
Gebiete des schweizerischen Staatsrechts nicht nur selbständige Arbeiten 
dieser Art gänzlich fehlen, sondern auch die Resultate der deutschen 
wissenschaftlichen Forschung wenig Beachtung gefunden haben. Die 
Ausfüllung dieser Lücke ist die Aufgabe, welche er sich gesetzt hat; 
der eigentliche Zielpunkt seiner Erörterungen ist die Klarstellung des 
rechtlichen Verhältnisses zwischen dem Schweizer Gesammtstaat und 
den Kantonen. Um hierzu zu gelangen, unterwirft er die in der 
deutschen Literatur hervorgetretenen Ansichten über Begriff und 
Wesen des Bundesstaates einer übersichtlichen Darstellung und kriti- 
schen Würdigung und es muss anerkannt werden, dass dem Verfasser 
eine umfassende Kenntniss der neueren deutschen Staatsrechtsliteratur 
und ein volles und eindringendes Verständniss derselben zu Gebote 
steht. 
Der Verfasser erkennt mit richtigem Blick, dass die Begriffs- 
bestimmung der Souveränetät und die Beantwortung der Frage, ob 
die Souveränetät ein wesentliches Merkmal des Staates sei oder ob 
es auch nicht souveräne Staaten gebe, von präjudicirlicher Bedeutung 
für die Construction des Bundesstaatsbegriffes sind. Demgemäss zerfällt 
sein Werk in zwei Abtheilungen, von denen die erste den Begriff der 
Souveränetät, die zweite den Begriff des Bundesstaates behandelt. Der 
Verfasser bestimmt im engen Anschluss an die neueste deutsche Literatur 
das Wesen der Souveränetät als die oberste, von keiner anderen Ge- 
walt rechtlich abhängige Macht; das Kriterium derselben sei die so- 
genannte Competenz-Competenz; sie sei ihrem Begriff gemäss unbe- 
schränkbar und untheilbar und es sei undenkbar, dass auf demselben 
Gebiet zwei souveräne Gewalten bestehen können. Den Gegensatz 
zwischen Bundesstaat und Staatenbund findet er richtig darin, dass 
bei dem ersteren der Gesammtstaat, bei dem letzteren der Grlied- 
staat souverän sei. Die Frage endlich, ob es auch nicht souveräne 
Staaten gebe, verneint der Verfasser, indem er ausführt, dass es un- 
möglich sei, ein Kriterium aufzustellen, durch welches sich der nicht 
souveräne Staat von Communalverbänden unterscheide. Hierdurch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.