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und geht schliesslich auf die späteren Verhandlungen im Reichstage
ein, welche zu der Einrichtung des Septennates geführt haben. Das
für die Beurtheilung der staatsrechtlichen Frage erforderliche Material
wird hier in wünschenswerther Vollständigkeit mitgetheilt. Insbesondere
ist die Anknüpfung an den preussischen Conflict wohl berechtigt. Die
Erinnerung an diesen Conflict ist eine traurige Erbschaft, welche der
norddeutsche Bund bei seiner Entstehung übernehmen musste. Und
gerade die Bestimmungen der Verfassung über das Militärwesen sind
durch die Ereignisse der Conflictsjahre so vielfach beeinflusst, dass
sie erst auf Grund einer Kenntniss der letzteren vollkommen ver-
ständlich werden.
Bei der dogmatischen Erörterung kommt es dem Verfasser
namentlich auf die Entscheidung der Frage an: Was hat zu geschehen,
wenn die zur gesetzlichen Regelung nöthige Uebereinstimmung von
Bundesrath und Reichstag über den Friedenspräsenzstand nicht er-
zielt wird? (8. 2). Unter eingehender Widerlegung der Ansicht des
Reichskanzlers, dass in diesem Falle die kaiserliche Machtvollkommen-
heit eintreten müsse, kommt er zu dem Resultat, dass die Verfassung
die Frage nicht entscheidet, dass vielmehr alle ihre Bestimmungen
von der Existenz eines Präsenzgesetzes als unbedingter Voraussetzung
ausgehen. Nimmt man dies hinweg, so functioniren sie eben nicht
(S. 95).
Nur ein Mittel gibt es nach dem Verfasser, das vollständige
Stillstehen der Maschine zu verhindern, die Fixirung der Friedens-
präsenzstärke durch materielles und dauerndes Gesetz, das so-
genannte Aeternat. Dieses ist aber auch die verfassungsmässig ge-
botene Institution. Das Septennat ist ebenso verfassungswidrig
wie das Triennat; das Aeternat allein entspricht den Vorschriften
der Reichsverfassung (8. 82, 95, 96).
Der Ausdruck „Aeternat“ ist bekanntlich während der politischen
Kämpfe des letzten Winters zunächst in der Tagespresse aufgetaucht,
später auch in den parlamentarischen Verhandlungen gebraucht worden.
Ueber die Unangemessenheit desselben kann ein Zweifel nicht bestehen.
Auch der Verfasser fühlt recht deutlich, dass die Bezeichnung keine
ganz passende ist. Gibt es schon überhaupt keine lex in aeternum
valitura, so kann die Friedenspräsenzstärke des Heeres, welche der
Natur der Sache nach einem häufigen Wechsel unterliegt, am aller-
wenigsten als eine „ewige“ Einrichtung bezeichnet werden. Ich hätte
daher den Ausdruck „Aeternat“ in einem wissenschaftlichen Werke
Archiv für öffentliches Recht. IH. 1. 13